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KVJS Aktuell 01/24 Inklusion „Der beste Zeitpunkt etwas zu machen, ist jetzt!“ Seite 28 KVJS Verbands- versammlung: Mut zu neuen Wegen Seite 4 Jugend Steigende UMA-Zahlen: KVJS entlastet Jugendämter Seite 32 Fortbildung KVJS-Fortbildung digital: Smart weitergedacht Seite 40
Impressum KVJS Aktuell Februar 2024 Herausgeber: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg Öffentlichkeitsarbeit Lindenspürstraße 39 70176 Stuttgart www.kvjs.de V.i.S.d.P.: Sima Arman-Beck Projektmanagement: Monika Kleusch Redaktion: Sima Arman-Beck, Julia Holzwarth, Monika Kleusch, Ulrike von Siegroth Mit Beiträgen von: Stephan Gokeler, Andrea Keller, Nadine Paul, Mirjam Ruckh Titelfoto: Cihan Ozaman Layout: www.mees-zacke.de Bestellungen und Adressänderungen: Telefon 0711 6375-208, publikationen@kvjs.de Druck: Hausdruckerei KVJS Redaktioneller Hinweis: Wir bitten um Verständnis, dass aus Gründen der Lesbarkeit auf eine durch- gängige Nennung der weiblichen und männlichen Bezeichnungen verzichtet wird. Selbstverständlich beziehen sich die Texte in gleicher Weise auf Frauen, Männer und Diverse. 2 KVJS Aktuell 1/2024
Inhalt 4 Verbandsversammlung: „Mut zu neuen Wegen“ 6 Verbandsvorsitzender Gerhard Bauer im Amt bestätigt 6 Kriegsopferfürsorge: Versorgungsämter zuständig 7 Die Quartiersakademie wird verstetigt 8 Tannenhof-Projekt nimmt ersten Arbeitsmarkt in den Blick 10 Tübinger Radstation: Eine runde Sache 12 Vom Fremden zum Freund – #1 Aus der Reihe: Betreuungsrecht 16 Neue stellvertretende Leiterin des Dezernats Soziales 16 Weiterentwicklung der Pflegestützpunkte: Rück- und Ausblick 17 Kristin Schwarz besucht Stiftung St. Franziskus 18 Eingliederungshilfe: Entwicklungstrends und Kreisvergleiche 19 FaWo-Fachtag: Sorgende Gemeinschaft als Chance 20 Umsetzung SGB IX 22 Junge Wohnungslose: Beratungs- und Unterstützungsangebote Interview mit dem neuen Dezernenten des KVJS-Integrationsamtes 23 Stabiler Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen 24 Ausgleichsabgabe und ihre Verwendung für das Jahr 2022 26 27 Fachtag für Inklusionsunternehmen 28 „Der beste Zeitpunkt etwas zu machen, ist jetzt!“ 30 Inklusionsfirma Avanti in Pforzheim feiert Jubiläum 32 Steigende UMA-Zahlen: KVJS entlastet Jugendämter 33 Jahrestagung der Kommunalen Jugendreferate 33 KVJS fördert Modellvorhaben in der Kinder- und Jugendhilfe 34 Schulsozialarbeit: Alle jungen Menschen sollen profitieren 36 Frühe Hilfen: Interkulturelle Kompetenz schafft Vertrauen 37 Neue Projektideen stoßen auf große Resonanz 38 Forschungsvorhaben zu psychiatrischen Tagesstätten 39 Kurzzeitpflege: Praxis-Transfer bringt neue Impulse 40 KVJS-Fortbildung digital: Smart weitergedacht 41 Gültstein: Silberjubiläum für Robert Berres 42 Neu erschienen 43 Digitalmagazin ZB KVJS HABILA SOZIALES INKLUSION JUGEND FORSCHUNG FORTBILDUNG NEU ERSCHIENEN 1/2024 KVJS Aktuell 3
KVJS Gerhard Bauer: „Wir brauchen Mut, neue Wege zu gehen“ Verbandsversammlung diskutiert Erprobungsparagrafen Gastreferent Volker Schebesta, MdL, Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, stellt sich Fragen der Mitglieder aus den Stadt- und Landkreisen. Volles Haus im KVJS-Tagungszentrum Gültstein Fotos: © Larissa Straub Neben der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung und dem brandneuen Erprobungsparagrafen standen die Umsetzung des BTHG und die aktuelle Situation bei der Versorgung von Unbegleiteten Minderjährigen Ausländern (UMA) auf der Tagesordnung der Verbandsversammlung, die sich am 14. Dezem- ber im KVJS-Tagungszentrum zu ihrem jährlichen Austausch traf. Verbandsvorsitzender Gerhard Bauer begrüßte alle Anwesenden und übergab nahezu nahtlos das Wort an Dr. Brötel, der durch den ersten Punkt des Tages führte: die Wahl des Verbandsvorsitzenden. Keine schwere Aufgabe: sowohl der Verbandsvor- sitzende Landrat Gerhard Bauer (Kreis Schwäbisch Hall) wie im Anschluss auch sein Stellvertreter Landrat Dr. Achim Brötel (Neckar-Odenwald- Kreis) selbst, wurden einstimmig in ihren Ämtern bestätigt (mehr dazu lesen Sie auf S. 6). Nachdem Blumengrüße an die Wiedergewählten überreicht wurden, richtete sich der Blick auf die anstehen- den Themen, so auch die Umsetzung des Bundes- teilhabegesetztes (BTHG). „Hohes Engagement bei allen Beteiligten“ Gerhard Bauer betonte trotz aller Schwierigkeiten auch die aufzuweisenden Fortschritte. So wurden zwischenzeitlich Pilotabschlüsse erzielt und mit den meisten sogenannten Komplexeinrichtungen Leistungs- und Vergütungsverhandlungen abge- schlossen. „Ich möchte Ihnen versichern, dass wir im Geiste von BTHG First! alle Ressourcen bündeln, wo es möglich und sinnvoll ist, um Sie bestmöglich zu unterstützen“, betonte der Verbandsvorsitzende. Einen exklusiven Vorab-Blick auf die Entwicklun- gen der Eingliederungshilfe für 2022 erhielten die Teilnehmenden mit einem Factsheet in den Sitzungsmappen. Für die Prognose der durch das BTHG-ausgelösten Mehrkosten für die nächsten 4 KVJS Aktuell 1/2024
KVJS Jahre bat Verbandsdirektorin Schwarz um die Mit- hilfe der Kreise und Städte. „Wir brauchen valide Zahlen, um die sich abzeichnenden Mehrkosten realistisch und frühestmöglich abbilden zu kön- nen“, erklärte Schwarz. Gerhard Bauer verwies in diesem Zusammenhang auf das ausstehende Monitoring: „Wichtig ist, was bei den Menschen mit Behinderung als Stärkung der Teilhabe ankommen wird“. Mit lobenden Worten bedachte der Verbands- vorsitzende die beim KVJS angesiedelte neue Geschäftsstelle für die Stadt- und Landkreise. Sie unterstützen im bundesweiten Verteilverfahren von UMA bei der Terminkoordination und dem Transport durch externe Dienstleister der UMA. Eine Entlastung für die Hauptzugangsjugend- ämter, die sofort wirke, so Bauer. Beteiligung aller vor Ort Betroffenen neue Konzepte zu erproben und dabei von bestehenden Vorgaben, beispielsweise vom Fachkräfteschlüssel abzuwei- chen. Auf die viel beachtete Frage nach Prüfmaßstä- ben für die Erprobungsanträge gab Schebesta eine klare Antwort: maßgeblich seien hierbei die Bestim- mungen des SGB VIII und der Kinderschutz. Dieser müsse gewährleistet sein, so der Staatssekretär. Wie entscheidend die Mitglieder das unbürokrati- sche Prüfverfahren für den Erfolg der neuen Rege- lung sehen, kam in mehreren Diskussionsbeiträgen deutlich zum Ausdruck. Inwieweit die immer näher rückende Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung auch das Kultusministerium fordere, veranschaulichte Schebesta anhand der Finanzierung der Betreu- ungsmodelle. Hier sei viel Diskussion mit dem Einstimmige Beschlüsse. Gastredner Staatssekretär Volker Schebsta. „Wir brauchen Mut, um neue Wege zu gehen, um den Personalkräftebedarf und den vielen Auf- gaben weiter gerecht zu werden“, forderte der Verbandsvorsitzende auch im Hinblick auf die Herausforderungen im Bildungsbereich. Gastredner Schebesta zum Erprobungs- paragraphen Der diesjährige Gast, Staatssekretär Volker Schebesta, nahm diesen Ball auf und stellte den frisch in Kraft getretenen Erprobungsparagrafen vor. Eine Regelung, die es Kita-Trägern ermöglicht, unter Bund notwendig, welche Betreuungsangebote als rechtsanspruchserfüllend gelten und damit von der Investitionsförderung der Betriebskosten profitieren könnten. Gleichwohl sehe er die vielen Angebote, die Baden-Württemberg bereits eingerichtet habe, verhehle aber auch nicht, dass hier noch weitere Ausbaubemühungen nötig seien. Beim anschließenden Austausch mit den Mitgliedern betonte der Staatssekretär, dass er sowie das Kul- tusministerium auch bei kniffligen Situationen stets den Dialog suchten und grundsätzlich versuchten, in notwendigen Diskussionen die Balance zu wahren. Sima Arman-Beck 1/2024 KVJS Aktuell 5
KVJS Verbandsvorsitzender Gerhard Bauer im Amt bestätigt Der Verband habe sich in den letzten Jahren weiterentwickelt: „Wir haben den KVJS weiter zu einem modernen Kompetenz- und Dienstleis- tungszentrum für die 44 Stadt- und Landkreise ausgebaut“, so Bauer. Mit Blick auf künftige Herausforderungen ver- weist Bauer auf mehrere Themen: „Die Kinder- und Jugendhilfe befindet sich im gesellschaftlichen Wandel, die demografischen Entwicklungen werden uns vor allem im pflegerischen Bereich vor Herausforderungen stellen und auch die Inklusion von Menschen mit Behinderung in den allgemei- nen Arbeitsmarkt bedarf der Weiterentwicklung. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch diese Aufga- ben im Schulterschluss mit den Mitgliedern des KVJS bewältigen werden“, erklärt der Verbandsvor- sitzende. Ebenfalls für weitere fünf Jahre steht als stellver- tretender Vorsitzender Landrat Dr. Achim Brötel (Neckar-Odenwald-Kreis) zur Verfügung. Auch er wurde einstimmig im Amt bestätigt. Sima Arman-Beck Die Verbandsversammlung des KVJS wählt Landrat Gerhard Bauer (links) für weitere fünf Jahre zum Vorsitzenden. Foto: © Larissa Straub Die Wahl zum Vorsitzenden des KVJS stand ganz oben auf der Tagesordnung der jüngsten Ver- bandsversammlung in Gültstein. Die Mitglieder des KVJS bestätigten Landrat Gerhard Bauer, der seit 2019 an der Spitze des Verbandes steht, ein- stimmig im Amt. „Ich freue mich über die Wieder- wahl und bedanke mich für das Vertrauen“, so der alte und neue Verbandsvorsitzende, dessen zweite Amtszeit im Juli 2024 beginnt. Kriegsopferfürsorge: Versorgungsämter zuständig Zum 1. Januar 2024 ist das soziale Entschädi- gungsrecht vollständig reformiert und das neue Vierzehnte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) geschaffen worden. Das Gesetz bedeutet auch Veränderungen für die Stadt- und Landkreise sowie den KVJS: Gemäß dem Grundsatz „Leistungen aus einer Hand“ ist keine getrennte Zuständigkeit der Versorgungs- und Fürsorgeverwaltung mehr vorgesehen. Der KVJS ist damit nicht mehr überörtlicher Träger der Kriegsopferfürsorge und hat seine Zuständig- keit in diesem Kontext an die Versorgungsämter übertragen. Die Hauptfürsorgestelle des KVJS begleitete deren Mitarbeiter in den vergangenen Monaten eng beim Übergang. Gut zu wissen: Die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Versorgungsverwaltung sowie Seminare zum Schwerbehindertenrecht für Mitarbeiter der Ver- sorgungsverwaltung bietet der KVJS auch im Jahr 2024 weiter an. Für rechtliche und fachliche Fragen zum SGB XIV ist das Landesversorgungamt beim Regierungs- präsidium als Fachaufsichtsbehörde zuständig. 6 KVJS Aktuell Julia Holzwarth 1/2024
KVJS Die Quartiersakademie wird verstetigt Angebot für das passende Know-how zum Thema Quartier nun dauerhaft nutzbar Die Koordinierungsstelle Quartiersakademie ist nun fester Bestandteil des KVJS. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg hat den Fortbestand der Koordinierungsstelle Quartiersakademie beim KVJS gesichert. konnten bereits über 1.400 Teilnahmen an Qualifi- zierungen aus Landesmitteln bezuschusst werden. Mit dem richtigen Know-how den Herausforderun- gen vor Ort begegnen und neue Wege ins Auge fassen? Hierzu findet man bei der Quartiersakade- mie sowohl Fortbildungen für einzelne Interessierte als auch die Möglichkeit, Inhouse-Seminare vor Ort durchzuführen. Beides gilt für Beschäftigte in den Kommunen, Verbänden und Organisationen als auch für freiwillig Engagierte. Hierfür können bei den drei Mitarbeiterinnen der Koordinierungsstelle Quar- tiersakademie Anträge auf finanzielle Unterstützung gestellt werden. Zudem finden sich auf der Website viele Materialen, wie Handreichungen, Expertenvi- deos und Kontaktadressen für die Arbeit vor Ort. Andrea Keller Der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg begrüßt diese Entwicklung. „Das Thema Quartiersentwicklung wird in den nächsten Jahren in den Kommunen weiter an Bedeutung gewinnen. Daher ist es aus unserer Sicht wichtig, die Aktiven vor Ort durch ein profes- sionelles Qualifizierungsangebot zu unterstützen. Die Quartiersakademie fügt sich hierbei gut in unser Angebot als Dienstleistungs- und Kompe- tenzzentrum ein,“ so Kristin Schwarz, Verbands- direktorin des KVJS. Vielfältiges Fortbildungsangebot Über die Quartiersakademie: Die Koordinierungsstelle Quartiersakademie wurde 2020 gegründet. Sie ist Teil der Landes- strategie „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestal- ten.“, und wird vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württem- berg aus Mitteln finanziert, die der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen hat. Sie ist angesiedelt beim KVJS. Das in den zurückliegenden drei Jahren aufge- baute Angebot unter dem Dach der Landesstra- tegie „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestalten.“ verzeichnet eine stetig steigende Nachfrage. So Weitere Informationen erhalten Sie hier: www.quartiersakademie.de www.quartier2030-bw.de www.kvjs.de 1/2024 KVJS Aktuell 7
Habila Ein Schichtwechsel mit Folgen Tannenhof-Projekt nimmt ersten Arbeitsmarkt in den Blick Die Ulmer Tannenhof-Werkstatt hat an einem Projekt mitgewirkt, das durch einen Arbeitsplatztausch von Klienten und Klientinnen und Angestellten auf dem ersten Arbeitsmarkt neue Perspektiven schafft. Zum fünften Mal hieß es am 12. Oktober 2023 in ganz Deutschland „Schichtwechsel“. So hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) ihr Projekt genannt, an dem die Habila-Werkstatt des Tan- nenhofs als eine von bundesweit 240 Werkstätten teilnahm. Neue Perspektiven einnehmen, Begeg- nungen für mehr Teilhabe schaffen: darum geht es bei diesem Aktionstag. leider die Kapazität der Mitarbeiter der Firmen, im Gegenzug auch in unsere Werkstatt zu kommen“, berichtet sie. Nach einiger Suche war jedoch klar: Es gibt ein Match – ein echter Schichtwechsel kommt zustande. Ramona Seefelder, Werkstatt- rätin in Ulm, und Lisa Popp, pädagogische Mitar- beiterin der IB Freiwilligendienste Ulm e.V., mach- ten sich dafür auf den ungewohnten Arbeitsweg zur Arbeitsstelle der jeweiligen Partnerin. Antje Dietz, Jobcoach der Werkstatt Tannenhof Ulm, übernahm die Koordination. „Wir haben ja bereits Kontakte zu einigen Betrieben. Die Vermittlung von Klienten in andere Betriebe fiel daher nicht schwer. Woran es mangelte, war IB langjähriger Partner „Für mich war das aber kein Problem. Ich habe das Büro gut gefunden“, erzählt Ramona Seefel- der, während sie nach einer Stunde Einarbeitung Carolin Schray (links) arbeitete Ramona Seefelder als Kollegin auf Zeit in die ungewohnten Tätigkeiten ein. 8 KVJS Aktuell 1/2024
Habila Derweil scannte Lisa Popp in der Rabenhof-Werkstatt Bücher für den Rebuy-Versand ein. Sie tauschten ihre Arbeitsplätze für einen Tag: Lisa Popp von den IB Freiwilligendiensten in Ulm (links) und Tannenhof- Werkstatträtin Ramona Seefelder. Fotos: © Habila gelassen Dokumente in die richtigen Abschnitte der Ablageordner einsortiert. Gezeigt hat ihr das Carolin Schray, die im selben Büro arbeitet. Lisa Popp interessiert sich für die Organisation und die Angebote der Werkstatt und dafür, wie Klienten und Klientinnen die passende Arbeit finden und wie ihr Alltag aussieht. Dann setzt sie sich selbst an den Arbeitsplatz und scannt Bücher für den Rebuy-Versand. Mit den IB Freiwilligendiensten Ulm ist der Tan- nenhof schon lange in Kontakt. Deren Leiterin Judith Schmid war sofort begeistert: „Im IB-Büro können wir sowohl Einblicke in Verwaltungstä- tigkeiten als auch in den pädagogischen Bereich bieten. Inklusion ist für uns ein wichtiges Thema.“ Auch Freiwillige mit Behinderungen gibt es in den Seminargruppen des IB. „Für unsere Mitarbeiterin ist es toll, den Einsatzort der von ihr begleiteten Freiwilligen besser kennenzulernen und neue Erfahrungen im Bereich Inklusion zu sammeln“, so Judith Schmid. Am Nachmittag macht Ramona Seefelder den nächsten Schritt. Zusätzlich zum Aktenauflösen verschickt sie Zeugnisse und persönliche Unterla- gen der ehemaligen Freiwilligen. „Es hat unheim- lich viel Spaß gemacht“, sagt sie. Das findet auch ihre Kollegin auf Zeit. „Sie hat das toll gemacht und wir waren ein super Team“, lobt Carolin Schray. Auch Lisa Popp hat einen besonders guten Tag für den Schichtwechsel erwischt. Zusammen mit allen anderen Frauen in der Werkstatt ist sie eingeladen zum halbjährlichen Frauencafé. „Die Beauftragte für Menschen mit Behinderung der Stadt Ulm hat einen Vortrag gehalten. Es war klasse, mich zunächst mit anderen am Tisch zu unterhalten, die ich nicht aus meiner Hospitationsgruppe kannte, und dann noch meine Fragen an den Gast aus der Kommunalpolitik zu stellen.“ Positive Bilanz Am Ende kam sie gar nicht so viel zum Arbeiten, wie sie es sich vorgestellt hatte. „Es gab einfach so viel zu sehen, zu fragen und die Leute hier kennenzulernen. Ich hätte glatt noch mehr Zeit gebraucht“, meint sie. Zum Austauschtreffen eine Woche danach kommen beide Schichtwechslerin- nen zusammen. „Wie hat es dir gefallen?“, will Lisa Popp wissen. Ramona Seefelder strahlt. „Einfach klasse! Ich war vorher sehr nervös, aber als ich angekommen war, war es eine prima Erfahrung. Und dir?“ Der Rückblick von Lisa fällt ebenfalls positiv aus: „Ich finde gut, dass ich es gemacht habe. Ich habe an diesem Tag viele Einblicke bekommen und einiges gelernt.“ Es soll nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich die beiden sehen. Denn anschließend stellt Antje Dietz die Möglichkeiten des Jobcoachings vor. Das führt zu einem ganz konkreten Plan. Die Runde vereinbart noch an Ort und Stelle einen Termin für ein längeres Praktikum beim IB. Läuft auch das so gut, könnte danach vielleicht sogar eine feste Anstellung daraus werden. Bei den IB Freiwilli- gendiensten Ulm und in der Habila Werkstatt des Tannenhofs ist man sich einig: Der Aktionstag Schichtwechsel hat sich gelohnt – und darf gerne wiederholt werden. Nadine Paul 1/2024 KVJS Aktuell 9
Habila Tübinger Radstation: Eine runde Sache Wenn zwei Inklusionsunternehmen für Service sorgen Die Radstation am Tübinger Europaplatz bietet Tiefgaragenplätze, Service rund um den Drahtesel und noch einiges mehr. Zum Beispiel inklusive Arbeitsplätze. Der neu gestaltete Europaplatz mit dem Zentralen Omnibusbahnhof direkt gegenüber vom Haupt- bahnhof gelegen, ist so etwas wie Tübingens Mobilitätsdrehscheibe. Mittendrin befindet sich die Radstation mit dem benachbarten „Café am See“. Zwei Inklusionsunternehmen sind für das neue Angebot verantwortlich. „Die Radstation mit ihrer Gastronomie bietet Menschen, deren Zugang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erschwert ist, einen Arbeitsplatz und Qualifizierungsmöglichkeiten“, betonte Dieter Steck, stellvertretender Verbandsdirektor des KVJS, beim Inklusionsfest zur Eröffnung. „Sie übernehmen sinnstiftende Aufgaben und leisten einen sichtbaren Beitrag zum Gemeinwesen und zur Nachhaltigkeit.“ „Wer an seinem Fahrrad einen platten Reifen hat, kann es spontan bei uns vorbeibringen, nebenan einen Kaffee trinken gehen und danach sein repariertes Rad wieder bei uns mitnehmen“, beschreibt Stephan Kark den idealen Ablauf. Klei- nere Reparaturen gehören ebenso zum Service- angebot der Radstation wie eine Radwaschanlage oder der Verleih von Rädern. Platz für 1.100 Drahtesel Im Mittelpunkt des Angebots steht jedoch eine imposante Tiefgarage. 1.100 Abstellplätze hat sie, die komplett Fahrrädern vorbehalten sind. Man kann sein Rad bei Stephan Kark oder des- sen Kolleginnen oder Kollegen abgeben und in einem gesicherten Bereich abstellen lassen. Dieter Steck, stellvertretender Verbandsdirektor gratulierte zur Eröffnung. 10 KVJS Aktuell 1/2024
www.radstation-tübingen.de Oder einfach selber einen Parkplatz im öffentlich zugänglichen Teil fürs Zweirad auswählen. Video- überwacht sind alle Stellplätze hier. Ebenso wie die Schließfächer, die von jedermann genutzt werden können und in denen sich auch der Akku fürs E-Bike laden lässt. Im Sommer wurde die Radstation eröffnet. „Viele freuen sich, dass es dieses Angebot gibt“, erzählt Stephan Kark. Die Radstation wird gemeinsam vom Inklusionsunternehmen Insiva und der Bru- derhausDiakonie betrieben. Mit der AiS inklusiv, die im Café nebenan regionale Produkte von Streuobstwiesen in ihren Kuchen und Getränken verarbeitet, ist eine weitere Inklusionsfirma an der Kooperation beteiligt. Drei neue Arbeitsplätze Das Habila-Tochterunternehmen Insiva ist mit vier Mitarbeitenden vor Ort vertreten. Zweiradmecha- niker Markus Müller leitet das Team, dem neben Stephan Kark noch Gerda Ringat und Werner West- phal angehören. Drei von ihnen wurden eigens für das Projekt eingestellt. Dass seine Aufgaben hier so Habila Stephan Kark ist einer von vier Insiva-Beschäftigten in der neuen Radstation am Tübinger Europaplatz. Fotos: © Habila vielfältig sind, gefällt Kark. Mietverträge ausfüllen, Räder entgegennehmen und checken, Kleinrepa- raturen durchführen, Artikel rund ums Rad verkau- fen, die Radwaschanlage bedienen und die Kasse abrechnen – langweilig wird es ihm hier nicht. Er stehe auch inhaltlich voll hinter dem Angebot, an dem er selbst mitwirkt, sagt er. Außerdem gefällt ihm das angenehme Betriebsklima. „Natürlich bringe ich mich und meine Probleme überall mit hin“, weiß er. Vor den persönlichen Themen weg- zulaufen ist für ihn keine Option. Doch damit gut umgehen zu können, dafür sei sein neuer Arbeits- platz eine Unterstützung. Stephan Gokeler In der Rad-Tiefgarage gibt es öffentlich zugängliche und gesicherte Abstellplätze. 1/2024 KVJS Aktuell 11
##11 Aus der Reihe Betreuungsrecht Vom Fremden zum Freund Ehrenamtliche rechtliche Betreuung auf Augenhöhe Als Bernd Walter der Berg an Behördenschreiben und offenen Rechnungen über den Kopf wuchs, ahnte er, dass er Hilfe brauchte. Doch rechtliche Betreuung als Lösung fühlte sich für ihn zunächst befremdlich an. Heute spricht er vom Glücksfall. „Mich hat die Idee meiner Betreuer verunsichert, eine gesetzliche Vertretung zu organisieren“, erinnert sich der 45-Jährige, der in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung lebt. „Ich habe mir Sorgen gemacht, dass ich dadurch meine Rechte verliere, keine eigenen Entscheidungen mehr treffen darf.“ Mit dieser Vorstellung ist Bernd Walter nicht allein: Obwohl bereits seit über 30 Jahren keine Entmündigung von Erwachsenen in Deutschland mehr möglich ist, sind Ängste und Vorurteile noch immer weit verbreitet. Recht- liche Betreuung ist seit 1992 als ein Unterstützungs- und Schutzkonzept für Menschen zu verstehen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr oder nur teilweise selbst regeln können. Das Betreuungsgericht prüft genau, ob und für welche Aufgaben ein rechtlicher Betreuer eingesetzt wird, zum Beispiel für den finanziellen oder medizinischen Bereich. Das Gesetz hat sich seitdem weiterentwickelt, um noch stärker auf die Autonomie und Selbstbestimmung von Betroffenen zu setzen. Ein Glücksfall namens Eberl Bernd Walter ist einer von 120.000 Menschen in Baden-Württemberg, die von einem rechtlichen Betreuer unterstützt werden. Seine anfängliche Unsicher- heit ist mittlerweile kein Thema mehr – ganz im Gegenteil, „ich bin erleich- tert, dass ich jemanden Verlässliches an meiner Seite habe, der sich um den Schriftverkehr mit Behörden kümmert, Leistungen beantragt und ein Auge auf die Finanzen hat. Ein absoluter Glücksfall.“ Dieser Glücksfall hat einen Namen: Walter Eberl. Der ehrenamtliche rechtliche Betreuer sorgt seit nun- mehr eineinhalb Jahren dafür, dass vom bedrohlichen Berg an unbeantworte- ten Briefen nichts mehr übrig ist. t m a n e r h E 12 KVJS Aktuell 1/2024
Erfolgsrezept: Ein vertrauensvolles Miteinander. Foto: © Julia Holzwarth Das matcht! Eine Zeitungsannonce des Betreuungsvereins Tübingen machte den Rentner auf das freiwillige Engagement aufmerksam: „Ich habe nach einer sinnstiften- den Aufgabe gesucht, in die ich mein Fachwissen einbringen kann“, erzählt er. Fast 40 Jahre war Eberl Sozialversicherungskaufmann, hat Teams geleitet, öffentliches Recht unterrichtet. Die Geschäftsführerin des Betreuungsver- eins Tübingen, Rebecca Asam, erinnert sich an das Kennenlernen der beiden Herren: „Oft wenden sich die Betroffenen im Erstgespräch an mich. Das war in diesem Fall ganz anders. Herr Walter hat seine Erwartungen und Wünsche direkt an Herrn Eberl gerichtet, und der wiederum ist mit dem richtigen Fingerspitzengefühl darauf eingegangen. Uns dreien war sofort klar: Das matcht!“ Das Ehrenamt ist laut Gesetz einer Berufsbetreuung vorzuziehen. In Baden- Württemberg macht das etwas mehr als die Hälfte der Fälle aus. Meist über- nehmen Angehörige diese Aufgabe, was aber nicht immer möglich ist: „Umso mehr habe ich mich über die Rückmeldung von Herrn Eberl gefreut, dass mittlerweile sogar eine Männerfreundschaft entstanden ist. Vom Fremden zum Angehörigen – mehr kann man nicht wollen“, so Rebecca Asam. Was die Grundhaltung angeht, sieht sie zu Freundschaft und rechtlicher Betreuung einige Parallelen: „Einen Freund akzeptiere ich so, wie er ist – mit all seinen Besonderheiten. Ich respektiere seine Wünsche, obwohl ich für mein eige- nes Leben vielleicht andere Vorstellungen hätte. Bei rechtlicher Betreuung kommt es genau darauf an.“ Einfühlungsvermögen, Toleranz und die Bereit- schaft zu einer partnerschaftlichen Kommunikation sind weitere notwendige Eigenschaften. „Man muss zudem verlässlich sein und Wert auf Kontinuität legen – die Betroffenen sind ja auf die Hilfe angewiesen.“ 1/2024 KVJS Aktuell 13
##11 Aus der Reihe Betreuungsrecht Rechtliche Betreuung auf Augenhöhe. Foto: © Julia Holzwarth Unterstützen vor Vertreten Unterstützung bieten und die Vertretungsmacht nur dann nutzen, wenn es erforderlich ist. Dieser Grundsatz hat mit der Betreuungsrechts-Reform im letzten Jahr an Bedeutung gewonnen und verfolgt das Ziel, die eigene Entscheidungsfindung zu fördern. Das neue Leitbild wird auch als „Magna Charta“ bezeichnet und unterstreicht, dass die Wünsche des Betreuten der Maßstab sind. Für Walter Eberl alles eine Selbstverständlichkeit: „Wir haben das schon vor der Reform so gelebt, begegnen uns auf Augenhöhe und packen’s im Team an!“ Mindestens zweimal im Monat stimmen sie sich ab: „Bernd weiß immer, was ich im Hintergrund tue.“ Dieses Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit: Bernd Walter darf selbst über sein Konto verfügen und bestimmt, wofür er sein Geld ausgibt. „An meinem Geburtstag habe ich mir zum Beispiel einen schönen Tag gemacht mit Shop- ping und leckerem Essen in einem guten Restaurant“, erzählt der Bürokauf- mann stolz. Lebenserfahrung für zwei Bei der Kommunikation mit Behörden macht Walter Eberl niemand etwas vor – sein Beruf war ja schließlich die beste Vorbereitung. Das ist zwar ein Vorteil, aber keine Voraussetzung: „Unsere Infoveranstaltung heißt nicht grundlos ‘Meine Lebenserfahrung reicht für zwei‘“, sagt Rebecca Asam und lacht. „Jeder von uns ist ein Experte. Allein durch das Leben erlangen wir in irgendeinem Bereich besonderes Wissen. Es gibt immer einen Menschen, der genau davon profitieren kann.“ Und was das Know-how rund ums Betreuungsrecht angeht, „dafür sind wir ja da“, so die Geschäftsführerin. Betreuungsvereine führen die Ehrenamtlichen in die Aufgabe ein, bilden sie fort, beraten, unterstützen – stehen ihnen partnerschaftlich zur Seite. t m a n e r h E 14 KVJS Aktuell 1/2024
Seit der Reform müssen sich Ehrenamtliche ohne persönliche Beziehung zum Betroffenen durch eine schriftliche Vereinbarung an einen Verein anbinden. Diese Möglichkeit ist jedem zu empfehlen: „Egal ob Fremdbetreuer oder Angehöriger: die Bedürfnisse sind dieselben. Man erhält nicht nur Unterstüt- zung bei der Betreuungsführung, sondern kann sich weiterentwickeln, austau- schen, vernetzen. Das steigert auch die Qualität“, unterstreicht Asam. Walter Eberl nimmt diese Angebote gern wahr, um up-to-date zu bleiben. Und wenn‘s mal schnell gehen muss, klickt er sich am liebsten ins Wissensportal des KVJS: „Dort kann ich jederzeit Fachliches nachlesen und mich über die aktuelle Gesetzeslage schlau machen.“ Mit dem Online-Angebot hat der KVJS speziell für Ehrenamtliche in der rechtlichen Betreuung eine niederschwellige Plattform geschaffen, die Grundlagen zum Betreuungsrecht verständlich ver- mittelt, eine kostenfreie Onlineberatung und Wissenstests bietet. Walter Eberl schätzt an seinem Engagement insbesondere den Perspektiven- wechsel: „Akten habe ich lange genug gewälzt, jetzt darf ich mich mit den Menschen befassen.“ „Und auch für ein Schwätzchen zwischendurch nimmt er sich Zeit – ganz abseits von Anträgen oder Behördenbriefen“, pflichtet ihm Bernd Walter bei. „Fühlt sich wie Freundschaft an.“ Julia Holzwarth Was macht der KVJS? Das KVJS-Referat Betreuungsrecht und Stiftungen ist zuständig für die Anerkennung und Förderung der Betreuungsvereine in Baden-Württem- berg und unterstützt diese fachlich. Thematisch im Fokus steht unter anderem die Weiterentwicklung der Querschnittsarbeit in den Vereinen, also die Gewinnung und Begleitung von ehrenamtli- chen Betreuern. Mitarbeitern in Betreuungsvereinen bietet der KVJS zudem eine große Palette an Fortbildungen. Sie möchten mehr erfahren? Lernen Sie unter www.kvjs.de/soziales/service- betreuungsrecht/aufgaben das Team sowie die weiteren Aufga- ben der überörtlichen Betreuungsbehörde kennen. Nützliche Infos rund um die Uhr Sie interessieren sich für das Ehrenamt oder suchen konkrete Infos zu Ihrer Tätigkeit? Dann schauen Sie auf unserem Wissens- portal vorbei! Dort finden Sie auch Kontaktdaten zu den Betreu- ungsvereinen und -behörden in Baden-Württemberg: www.ehrenamtliche-betreuer-bw.de 1/2024 KVJS Aktuell 15
Soziales Neue stellvertretende Leiterin des Dezernats Soziales Leistungserbringern bezieht sich auf zahlreiche weitere Bereiche, etwa für Jugendhilfeeinrichtun- gen und die stationäre Pflege. Julia Holzwarth Eva Dargel ist neue stellvertretende Leiterin des Dezernats Soziales. Sie hat das Amt zum 1. Januar 2024 angetreten: „Schon als Referatsleiterin habe ich immer wieder festgestellt, wie hilfreich und gewinnbringend es ist, bereichsübergreifend im KVJS zusammenzuarbeiten. Umso mehr freue ich mich, dass ich dies als Stellvertreterin im Dezer- nat Soziales jetzt noch aktiver mitgestalten kann“. Darüber hinaus bleibt die 38-Jährige weiterhin Lei- terin des Referats Vertragsrecht und Vergütungen. Dargel war maßgeblich an den Verhandlungen des Landesrahmenvertrags SGB IX beteiligt. Seitdem begleiten sie und ihr 35-köpfiges Team dessen Umsetzung eng. „Auch das Jahr 2024 wird davon geprägt sein. Ein weiterer Baustein ist die Umstellung der Angebote für Minderjährige“, ergänzt Dargel. Die Unterstützung der Kreise bei der Ausgestaltung und dem Abschluss von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen mit Neue stellvertretende Dezernentin: Eva Dargel. Foto: © KVJS Weiterentwicklung der Pflegestützpunkte: Rück- und Ausblick Wer selbst pflegebedürftig wird oder für pflege- bedürftige Angehörige sorgt, steht vor der großen Herausforderung, sich im Pflege-Dschungel zurechtzufinden. Eine wichtige Orientierung bei dieser Aufgabe bieten die Pflegestützpunkte in Baden-Württemberg. Um das Beratungsangebot auszubauen und weiterzuentwickeln, trieben die Geschäftsstelle Pflegestützpunkte und die Stelle zur Qualitätssicherung auch im Jahr 2023 zentrale Projekte voran. Unter anderem fanden in den Regierungsbezirken sowie bezirksüber- greifend mehrere Qualitätszirkel statt. Darüber hinaus boten Fachtagungen eine Plattform zur Vernetzung und zum Austausch. Die Teilnehmer diskutierten, welche Versorgungsprobleme sie in der Beratung als besonders gravierend erlebten und welche Lösungsstrategien verfolgt werden. Großen Stellenwert nahm 2023 zudem das Thema Digitalisierung ein: Eine einheitliche Software soll alle Beratungsstellen bei der Dokumentation der Pflegeprozesse unterstützen. Dieses Jahr wird das Projekt weiter forciert. Ebenfalls sind die Ergeb- nisse der Evaluation des Rahmenvertrages durch das IGES Institut zu erwarten, aufgrund derer die Beratungen vor Ort in den Kreisen bedarfsgerecht weiterentwickelt werden können. Die Geschäftsstelle Pflegestützpunkte und die Stelle zur Qualitätssicherung sind organisatorisch beim KVJS angesiedelt und gehören fachlich der Kommission Pflegestützpunkte an. Mehr Informa- tionen unter www.bw-pflegestuetzpunkt.de. 16 KVJS Aktuell Julia Holzwarth 1/2024
Soziales Kristin Schwarz besucht Stiftung St. Franziskus KVJS-Verbandsdirektorin Kristin Schwarz besuchte die Stiftung St. Franziskus in Heiligenbronn nach langer Corona-Pause. Zusammen mit Referatsleite- rin Heidrun Meyer und der stellvertretenden Leite- rin des Medizinisch-Pädagogischen Dienstes, Alina Greiner, machte sie sich ein Bild von der Arbeit und den Einrichtungen vor Ort. Am Stammsitz der Stiftung befinden sich unter anderem die Sozial- pädagogischen Bildungs- und Beratungszentren Sehen und Hören sowie das Kompetenzzentrum Taubblindheit in Baden-Württemberg. Auf der Agenda stand der persönliche Austausch mit den beiden Vorständen Andrea Weidemann und Stefan Guhl zu den Herausforderungen des Sozialwesens. Gemeinsam diskutierten sie über den Umstand, dass vor allem aufgrund des Fach- kräftemangels, aber auch durch den gestiegenen Bürokratieaufwand, die Leistungsfähigkeit der Sozialsysteme an Grenzen stößt. Im Fokus standen zudem dezentrale und sozi- alräumliche Perspektiven, um die Inklusion von Menschen mit Behinderung auch in Komplex- standorten wie Heiligenbronn voranzubringen. Nach erfolgreicher Premiere vereinbarte die Runde darüber hinaus, dass es zusammen mit der Stiftung auch im Jahr 2024 Schulungen für Mitarbeitende der Eingliederungshilfe geben wird – vor Ort. Presseinformation Stiftung St. Franziskus / Julia Holzwarth Bild: (von links) Stefan Guhl, Alice Braumann (Stiftung St. Franziskus), Alina Greiner, Kristin Schwarz, Heidrun Meyer, Andrea Weidemann. Foto: © Stiftung St. Franziskus 1/2024 KVJS Aktuell 17
Soziales Wertvolle Erkenntnisse: Ein Blick in den neuen Eingliede- rungshilfebericht lohnt sich. Foto: © Uli Stöckle Eingliederungshilfe: Entwicklungstrends und Kreisvergleiche Finanzieller Aufwand steigt weiter / Aktuelle Daten online abrufbar Der KVJS hat einen neuen Bericht zu den Leistungen der Eingliederungshilfe veröffent- licht. Er enthält umfassende Daten und Analysen zu den Bereichen Soziale Teilhabe, Bildung und Teilhabe an Arbeit. Die Publikation ist die dritte, die sich konsequent an der Leistungssystematik des neunten Sozial- gesetzbuches (SGB IX) orientiert. Dies ermöglicht eine zunehmend dezidierte Einordnung von Entwicklungen nach Inkrafttreten der dritten Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Mithilfe des Berichts kann die Kostendynamik in der Eingliederungshilfe sowie der Verlauf der Zahl an Leistungsberechtigten auf Basis empirischer Daten kontinuierlich beobachtet und überprüft werden. Zum anderen liefern die Daten und Ana- lysen im Vergleich der 44 Stadt- und Landkreise wichtige Erkenntnisse für die Angebotsplanung und Steuerung vor Ort. Kosten steigen Zusammenfassend ist im Jahr 2022 der finan zielle Aufwand für Leistungen der Eingliederungshilfe weiter deutlich gestiegen (um 5,7 Prozent auf 2,21 Milliarden Euro). Auch mit Blick auf die nächsten Jahre ist von einer überproportionalen Steigerung auszugehen. Gründe hierfür sind die personen- zentrierte Leistungsgewährung und die Umset- zung des SGB IX. In separaten Kapiteln wird darü- ber hinaus jeweils die Entwicklung der Leistungen der Sozialen Teilhabe, Teilhabe an Bildung sowie an Arbeit betrachtet. Insbesondere die Soziale Teilhabe steht durch die Umsetzung des SGB IX unter besonderer Beobachtung: Fast zwei von drei Leistungsberechtigten in der Eingliederungshilfe erhalten mindestens eine Leistung in diesem Bereich. Mit Ausgaben von rund 1,54 Milliarden Euro machte dies 64 Prozent des Gesamtbudgets der Eingliederungshilfe aus. Hohe Datenqualität Seit 2005 erstellt der KVJS jährlich den Bericht zu den Leistungen der Eingliederungshilfe in Baden-Württemberg. Grundlage der Berichter- stattung sind die von den 44 Stadt- und Landkrei- sen gemeldeten Leistungsdaten. Ein fachlicher Austausch mit den Kreisen sowie die Datenplau- sibilisierung garantieren eine hohe Qualität und Vergleichbarkeit. Der Bericht ist unter www.kvjs.de/ publikationen-videos online abrufbar sowie bestellbar. Die Abbildungen können darüber hinaus bei Bedarf in die kreis- eigene Berichterstattung integ- riert werden. Der KVJS steht seinen Mitgliedern zusätzlich für einen individuellen Kreistransfer zur Verfügung. Julia Holzwarth / Auszüge aus Publikation 18 KVJS Aktuell 1/2024
Soziales FaWo-Fachtag: Sorgende Gemeinschaft als Chance Einer alternden Gesellschaft bedarfsgerecht begegnen Was können Pflege-Wohngemeinschaften im ländlichen Raum leisten? Wie gestaltet sich eine zukunftsfähige Infrastruktur vor Ort, um die Bedarfe der alternden Gesellschaft zu erfüllen? All diese und weitere Fragen standen beim jüngsten Fachtag der FaWo im Mittelpunkt des Dialogs. Rund 100 Teilnehmer waren dafür nach Stuttgart gekommen. allem im Hinblick auf die Herausforderungen, die eine alternde Gesellschaft für die Kommunen mit sich bringt. Passgenaue Ideen Gleichermaßen nahmen die Teilnehmer mögli- che Strategien in den Fokus, um den Bedarfen gerecht zu werden, die im Zuge des demografi- schen Wandels zutage treten. Eine Chance: die Entwicklung von Sorgenden Gemeinschaften, die auf gegenseitigem Engagement beruhen und die individuelle Situation der ländlichen Kommunen berücksichtigen. Darüber hinaus wurden Poten- ziale einer altersgerecht gestalteten Infrastruktur vor Ort herausgearbeitet. So zeigte der Fachtag auch, was Quartiersentwicklung im ländlichen Raum ausmacht und wie die Landesstrategie „Quartier 2030 – Gemeinsam. Gestalten.“ hierbei fördern und unterstützen kann. Die in Kooperation mit dem Ministerium für Sozi- ales, Gesundheit und Integration Baden-Württem- berg organisierte Veranstaltung stellte zudem drei erfolgreiche Projekte vor, die einen Einblick in die Praxis aus erster Hand gewährten. Ulrike von Siegroth Für Ihren Kalender! Die nächste Fachtagung der FaWo, die beim KVJS als Kompetenzzentrum angesiedelt ist, findet am 24. Oktober 2024 erneut im Hospital- hof Stuttgart statt. Karin Haist referierte zu demografischen Entwicklungen und den Folgen für ländliche Kommunen. Foto: © KVJS „Für Menschen im Alter – Pflege-Wohngemein- schaften und Quartiersentwicklung im ländlichen Raum“. Unter diesem Titel galt es, Herausforde- rungen zu identifizieren und mögliche Lösungs- ansätze zu diskutieren. Anlass war der jüngste Fachtag der Fachstelle ambulant unterstützte Wohnformen (FaWo), der Akteure der Quar- tiersentwicklung aus ganz Baden-Württemberg für einen regen Austausch zusammenbrachte. Nach der Begrüßung durch Ministerialdirektorin Leonie Dirks standen verschiedene Vorträge auf dem Tagungsprogramm, darunter von Keynote Speaker Karin Haist (Körber-Stiftung, Hamburg). Sie erör- terte die Rolle der Baby Boomer-Generation – vor 1/2024 KVJS Aktuell 19
Umsetzung SGB IX Wir für Sie: Unterstützungs- und Beratungsangebote des Dezernats Soziales und des Medizinisch-Pädagogischen Dienstes (MPD) Arbeits- gemeinschaften, Arbeitsgruppen N e u 2 0 2 4 ! AG zu Wirkung und Wirksamkeit von Leistungen der EGH Steuerungsmöglichkeit der Kreise auf allen Ebenen: Teilhabemanagement, Sozi- alplanung, Leitung Kommunale Lenkungsgruppe BTHG Kommunale AG Gewaltschutz AGs Teilhabe management unter Leitung des KVJS AGs der Vertrags- kommission • Einbringen der KVJS- Fachexpertise • Vertretung der Interessen aller Leistungsträger LAG Teilhabe nach § 94 Abs. 4 SGB IX • mit UAGs Bedarfsermittlung / Monitoring / besondere Teilhabebedarfe • Einbringen der KVJS-Fachexpertise • Vertretung der Interessen aller Leistungsträger Publikationen, Daten, Rundschreiben Datenbank Leistungs- und Vergü- tungsvereinbarungen SGB IX als PDF-Dateien Monatliche Updates zu abgeschlossenen Vereinbarungen Fokus-Hefte, z. B. • Schulbegleitung • Persönliches Budget • Taubblindheit N e u 2 0 2 4 ! Teilhabekonzepte zur Unterstützung der Sozialplanung und Ange- botssteuerung vor Ort (auf Anfrage) Nachweisführung BTHG- bedingter Mehrkosten • Erarbeitung einer Konzeption • Bündelung, Aufbereitung, Weitergabe von Zahlen Muster-Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen Arbeits- und Ausfüllhilfen Berechnungssheets Orientierungshilfen und Handreichungen, z. B. zum Teilhabeplanverfahren Rundschreiben zu aktuellen Themen und Entwicklungen Statistikbericht Eingliederungshilfe unter Einbezug besonderer Entwicklungen durch das BTHG Dokumentation Gemeinde- psychiatrischer Verbund 20 KVJS Aktuell 1/2024
Soziales Fortbildungen, virtueller Austausch, Tagungen N e u 2 0 2 4 ! Weiterentwickelte Qualifizierungsreihe für das Teilhabemanagement • Neues Konzept: Reihen zu Bedarfsermittlung und Teilhabemanagement zusammengeführt • Anpassung an aktuelle Voraussetzungen und Instrumente Niederschwelliger Online-Austausch • Vorstellung neuer Leistungs- und Vergütungssystematiken SGB IX mit Übergang in den Gesamtplan • Weitere Themen, z, B. Assistenzleistungen, Zusammenarbeit Teilhabemanagement und Sachbearbeitung, Umsetzung Landesrahmenvertrag Jahrestagungen für Sozialamtsleitungen, Sozialplaner, Sachgebietsleitungen EGH, Teilhabe- manager Fachtagungen zu aktuellen Themen, z. B. Wirkung und Wirksamkeit von Leistungen der EGH N e u 2 0 2 4 ! Lernvideos • z. B. zu rechtlichen Grundlagen im Gesamtplanverfahren • Einführung für neue Fachkräfte Zahlreiche weitere Fortbildungen • rund um das Gesamtplanverfahren, z. B. zu Krankheits- bildern, Leistungs-/Verfahrensrecht, Gesprächsführung, Gewaltschutz, ICF-orientierter Bedarfsermittlung • zu Schnittstellenthemen • zum Vertragsrecht und zu Vergütungen Unterstützung und Beratung individuell, bedarfs- orientiert, vor Ort Fall- und Fachberatung durch den MPD Beauftragung des MPD, in Einzelfällen Kreistransfers Kreisbezogene Aufbereitung und Vorstellung der Daten aus der EGH-Statistik N e u 2 0 2 4 ! Vertiefungsseminare zu ICF-orientierter Bedarfsermittlung sowie weiteren Schritten im Gesamtplanverfahren Kreisberatung zu Fragen der Sozial- und Einrichtungsplanung sowie Förderung Beantwortung von Einzelanfragen, z. B. zu • rechtlichen Fragestellungen • Sozialer Infrastruktur (Konzeption, Standards, Wirtschaftlichkeit) Die Angebote des KVJS werden stetig weiterentwickelt und nach Bedarf neu auf den Weg gebracht. Infos und Kontaktdaten unter kvjs.de/soziales und kvjs.de/mpd 1/2024 KVJS Aktuell 21
Soziales Die Weiterentwicklung der Wohnungsnotfallhilfe ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Foto: © iStock – Mixmike Junge Wohnungslose: Hilfsangebote enger verzahnen Die AG Wohnungsnotfallhilfe der Landesarbeitsge- meinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrts- pflege Baden-Württemberg (LAGÖFW) hat sich in den letzten Monaten intensiv mit der Situation junger obdachloser Erwachsener befasst. Unter engem Einbezug von Experten und Akteuren wurden Empfehlungen erarbeitet, die als Arbeits- und Steuerungsgrundlage für die Kommunen vor Ort dienen. Sie berücksichtigen die besonderen Lebens- und Problemlagen der Zielgruppe. Der übergreifende Leitgedanke: Nur in gemeinsamer Verantwortung kann Betroffenen effektiv geholfen werden. Um die Angebote bedarfsgerecht weiter- zuentwickeln, sei dafür eine engere Zusammenar- beit der Unterstützungssysteme notwendig, etwa zwischen der Wohnungsnotfall- sowie der Kinder- und Jugendhilfe. Ebenfalls grundlegend sei der Einbezug weiterer Hilfen, wie die Suchthilfe oder das Jobcenter. Die AG hat bereits mehrere Emp- fehlungen erarbeitet, etwa für ein landesweites Fachkonzept zur Verbesserung der Wohnungsnot- fallhilfe. Neben jungen wohnungslosen Menschen hat die AG ebenfalls Familien sowie die Bereiche Präven- tion, Arbeit / Beschäftigung und ordnungsrecht- liche Unterbringung in den Blick genommen. Sie finden alle Hinweise und Empfehlungen unter www.kvjs.de/soziales/wohnungsnotfallhilfe Mitglieder sind die kommunalen Landesverbände, die Liga der freien Wohlfahrtspflege, das Sozialmi- nisterium sowie der KVJS, bei dem darüber hinaus die Geschäftsführung liegt. Julia Holzwarth 22 KVJS Aktuell 1/2024
Inklusion Stabiler Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen KVJS-Integrationsamt legt Geschäftsbericht 2022/23 vor 2022 haben massive Finanzspritzen der Bundesregierung die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und die Nachwirkungen von Corona auf die Wirtschaft abgefedert und den Arbeitsmarkt stabilisiert. Zudem wurde ein neues Angebot erfolgreich eingeführt. Die gute Nachricht: Die Zahl der arbeitssuchenden Menschen mit Behinderungen ging von 15.292 im Jahr 2021 auf 14.839 zurück. Die Zahl der Anträge auf Zustimmung zur Kündigung sank von 2.505 im Jahr 2021 auf 1.983 Anträge im Berichtsjahr 2022. Hier dürfte zum einen der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld während der Corona-Pande- mie eine Rolle spielen, zum anderen der zuneh- mende Personal- und Fachkräftemangel. Dadurch werden auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Handicap zunehmen attraktiv für Arbeitgeber. Aus der Gruppe der wesentlich behinderten Menschen konnten durch das Förderprogramm „Arbeit inklusiv“ 270 Personen auf den allgemei- nen Arbeitsmarkt vermittelt werden. Die Beschäf- tigung dieser Personengruppe steigt nach dem pandemiebedingten Einbruch auf 229 Vermittlun- gen im Jahr 2020 nun wieder das zweite Jahr in Folge. Die Wirksamkeit des Programms untersucht derzeit ein Forschungsprojekt des KVJS (mehr dazu hier: www.kvjs.de/forschung/kvjs-forschung/ projekte/wirkungen-der-foerdergrundsaetze- arbeit-inklusiv). Die Ergebnisse werden im April 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt. Neu: Die EAA Um Arbeitgeber verstärkt über die Chancen bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinde- rungen zu informieren, gingen 2022 die Einheit- lichen Ansprechstellen für Arbeitgeber, kurz EAA, an den Start. Bei ihnen gibt es alle Informationen zu Behinderung und Arbeit gebündelt bei einem Ansprechpartner. Sie informieren proaktiv oder auf Anfrage über Ausbildung, Einstellung, Berufs- begleitung und Beschäftigungssicherung von schwerbehinderten Menschen samt der verschie- den Fördermöglichkeiten. In Baden-Württemberg hat das KVJS-Integra- tionsamt die Integrationsfachdienste (IFD) mit den Aufgaben der EAA betraut. Die IFD sind als kompetente Ansprechpartner zu allen Fragen der beruflichen Teilhabe vor Ort gut mit Arbeit- gebern wie Rehabilitationsträgern vernetzt. Sie sind landesweit an 36 Standorten vertreten. 2022 unterstützten und berieten ihre Fachleute 10.417 Menschen. Die Einnahmen und wesentlichen Ausgaben des KVJS-Integrationsamt finden Sie in der Graphik auf der folgenden Seite. Monika Kleusch Alle Zahlen, Daten, Fakten im Geschäfts bericht Eine ausführliche Darstellung der aktuellen Entwicklungen in der Arbeit des KVJS-Integrati- onsamts finden Sie im Geschäftsbericht 2022/23. Hier können Sie ihn herunterladen: www.kvjs.de/ der-kvjs/service/publikationen-videos/detailan- sicht/34238. Das gedruckte Heft können Sie bestellen unter integrationsamt@kvjs.de oder telefonisch unter 0721 8107 942 1/2024 KVJS Aktuell 23
Inklusion Ausgleichsabgabe und ihre Verwendung für das Jahr 2022 – die wichtigsten Ausgaben Gesamteinnahmen 138,89 Mio. € Graphik: © Remo Pohl 24 KVJS Aktuell 1/2024
Inklusion Abführung an den Ausgleichs fonds 22,68 Mio. € Ausgleich unter den Integrations Förderung schwerbehinderter ämtern 16,16 Mio. € Menschen 4,83 Mio. € Ausgaben für Integrationsfach dienste 16,25 Mio. € Gesamtausgaben 138,56 Mio. € Lohnkosten subventionierung WfbM 8,5 Mio. € Förderung von Inklusions betrieben 14,76 Mio. € An Arbeitgeber bei außergewöhnlichen Belastungen (mit Kommunikations hilfen) 15,19 Mio. € An Arbeitgeber zur Schaffung und behinde rungsgerechten Einrichtung von Arbeits und Ausbildungsplätzen. 0,78 Mio. € Förder programm: Arbeit Inklusiv 22,3 Mio. € Förderung von Arbeitsplätzen wesentlich behinderter Menschen 16,25 Mio. € 1/2024 KVJS Aktuell 25
Inklusion „Den inklusiven Arbeitsmarkt voranbringen“ Interview mit dem neuen Dezernenten des KVJS-Integrationsamtes Seit 1. August 2023 ist Berthold Deusch Leiter des KVJS-Integrationsamtes. Ein Gespräch über seine Ideen und Ziele für die Weiterentwicklung der beruflichen Teilhabe von Men- schen mit Behinderungen. Herr Deusch, zum 1. Januar 2024 ist das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts in Kraft getreten. Was bedeutet das für die Arbeit des Integrationsamtes? Wir wollen das neue Gesetz positiv umsetzen. Mehr Ausgleichsabgabe zu erhalten, wie mit dem neuen Gesetz vorgesehen, ist kein Ziel an sich. Gemeinsam mit den Arbeitgebern soll das Aufkommen aus der Ausgleichsabgabe neutral gestaltet werden: Was mehr hereinkommt, soll direkt wieder in die Förderung von Arbeitsplät- zen investiert werden. Wir wollen den inklusi- ven Arbeitsmarkt voranbringen. Wie wollen Sie das genau umsetzen? Bei der Erhebung der Ausgleichsabgabe wer- den wir zugleich für die zahlreichen Leistungen des Integrationsamts für Arbeitgeber werben. Wir bieten ihnen nicht nur finanzielle Unter- stützung, sondern auch kompetente Bera- tungsleistungen. Dazu werden unsere Fach- leute für die Ausgleichsabgabe auch enger mit den Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeit- geber, den EAA, zusammenarbeiten. Welchen Stellenwert haben für Sie die EAA, die in Baden-Württemberg ja bei den gut etablierten Integrationsfachdiensten angesiedelt sind? Die EAA sind wichtige Multiplikatoren, um unsere Angebote bei den Arbeitgebern bekannter zu machen. Die eigens für die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit beim Bildungswerk der Wirtschaft gegründete Dezernent Berthold Deusch Foto: © Thomas Brenner Zur Person Berthold Deusch war bisher Leiter des Referats Teilhabe am Arbeitsleben, zuständig für die baden-württembergischen Integrationsfach- dienste und Arbeitsmarktprogramme. Von August 2022 bis Juli 2023 führte er darüber hinaus bereits kommissarisch das KVJS-Integra- tionsamt. Berthold Deusch ist seit vielen Jahren ein bun- desweit anerkannter Experte für die inklusive Teilhabe am Arbeitsleben. Mit dem Programm „Arbeit Inklusiv“ des KVJS und seiner Partner konnte seit 2005 fast 6.000 besonders betroffe- nen Menschen mit Behinderungen der Weg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt geebnet werden. 26 KVJS Aktuell 1/2024
Inklusion Kontakt- und Koordinierungsstelle, KoKo, bringt unsere Angebote den Arbeitgeberorga- nisationen nahe. Die Arbeit der EAA ist natür- lich nur wirksam, wenn auch die Agentur für Arbeit, die Jobcenter und die Reha-Träger mit am gleichen Strang ziehen. Neben der Aufklärungsarbeit der EAA, die größten- teils vom Integrationsamt finanziert werden, wo sehen Sie noch Potenzial, um inklusive Beschäfti- gung voranzubringen? Insbesondere bei den Organisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Mit den EAA und der KoKo wollen wir den Adressa- tenkreis unserer Angebote und Möglichkei- ten weit über die klassische Schulungs- und Bildungsarbeit ausweiten. Wir wollen eine Win-win-win-Situation für alle Beteiligten: Die Arbeitgeber suchen dringend Personal, wir wollen den inklusiven Arbeitsmarkt. Das kann nach unserer Erfahrung zusammengehen. Das KVJS-Integrationsamt ist deshalb Mitglied bei der Fachkräfteallianz des baden-württember- gischen Wirtschaftsministeriums geworden. Auch dort sind die Anwerbung und Beschäf- tigung von Menschen mit Behinderungen wichtige Themen. Haben Sie dazu eine Kernbotschaft? Unsere Botschaft ist: schwerbehinderte Men- schen können mit jedem Qualifizierungsprofil am Arbeitsmarkt teilnehmen. Dazu wollen wir die Wirksamkeit der Ausgleichsabgabe als Aus- gleich und als Antrieb stärken. Das Interview führte Monika Kleusch. Fachtag für Inklusionsunternehmen Rege Beteiligung am Fachtag. Foto: © Monika Kleusch Im Oktober lud das KVJS-Integrationsamt wieder die baden-württembergischen Inklusionsunterneh- men zum Informations- und Meinungsaustausch ein. Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich hierzu in der Stuttgarter Sparkassen- akademie. Der Fachtag findet alle zwei Jahre statt. 1/2024 Monika Kleusch KVJS Aktuell 27
Inklusion „Der beste Zeitpunkt etwas zu machen, ist jetzt!“ Kemelion: Mehr als ein Musiker. Ein Portrait Sie haben von ihm gehört. Auch wenn Sie es vielleicht nicht wissen. Der Reutlinger Cihan Ozaman, Künstlername Kemelion, ist erfolgreicher Musiker, Komponist und Produzent. Dank seiner Kunst hat er eine bewegte Karriere, sich selbst bewegt er im Rollstuhl. Seine Referenzliste ist beeindruckend – unter ande- rem Apache 207, Dardan, Mike Singer, Zuna, Nura. BRKN, Takt32, Monet192 und Kaas stehen darauf. Unter anderem. Cihan Ozaman ist ein gefragter Komponist, Texter, Arrangeur und Produzent. Unter seinem Künstlernamen Kemelion findet man im Netz eine beeindruckende Anzahl von Treffern. Schon als Jugendlicher ist er musikbegeistert: „Mit 13 habe ich Gitarre spielen gelernt“, erzählt er. Seine Eltern kaufen ihm ein sehr günstiges Instrument. Mal sehen, ob der Junge überhaupt durchhält. Er hält durch. Als nächstes kommen Klavier und Gesang. Alles autodidaktisch. Üben, üben, üben. Schule? Widerwillig abgeleistetes Pflichtprogramm. Die Mitschüler machen sich lustig über seinen seltsamen Gang. Seine Probleme beim Sport. Ins Ziel kommt er zuverlässig als Letzter. Dann die Diagnose: erblich bedingte Muskeldystrophie. Fortschreitend. Ungeliebtes Pflichtprogamm Nach dem mittelprächtigen Schulabschluss („Hat mich überhaupt nicht interessiert!“) beginnt Cihan Ozaman eine kaufmännische Ausbildung in einem Sanitätshaus. Den Eltern zuliebe. Sie wollen einen sicheren Job für den Sohn. Aber sicher und spannend gehen nicht immer zusammen. Auch hier quält er sich durch. Bei den Kunden ist er beliebt. Wer eine Geh- hilfe braucht, fragt nun mal am liebsten jemanden, der aus eigener Erfahrung beraten kann. Nach der Ausbildung wechselt er in schneller Folge verschiedene Teilzeit-Jobs. Kommentar: „War immer katastrophal.“ Neben dem ungeliebten Beruf wid- met er sich mit unverminderter Leidenschaft seiner Berufung, der Musik. Hier entwickelt er sich zum Perfektionisten. Schließlich wird ihm klar: „Ich möchte mein eigener Chef sein.“ Und er erkennt: „Der beste Zeitpunkt etwas zu machen, ist jetzt!“ Sein eigener Chef sein Cihan Ozaman schreibt Musik für Freunde aus der Deutsch-Pop- und Deutsch-Rap-Szene und tritt mit eigenen Liedern auf Englisch auf. „Ich bin mit eng- lischsprachiger Musik aufgewachsen. Es fällt mir leichter, mich auf Englisch auszudrücken.“ Er schreibt nicht nur, er produziert auch – zunächst die Musik, dann ganze Auftritte. Schafft mehr und besseres Equipment an. Während er in seinem selbstgewählten Beruf als Musi- ker immer mehr Anerkennung erfährt, lässt ihn sein Körper mehr und mehr im Stich, der Gang wird wack- liger, mühsamer. Heute kann er noch einige wenige Schritte gehen, aber nur auf völlig ebenem Unter- grund. Zum Fortkommen benutzt er einen Rollstuhl. Das Multitalent Wenn ihm etwas nicht gefällt, macht er es lieber selbst. Arbeitet sich ein in Fotografie und Video. Produziert schließlich ganze Konzerte: Licht, Sound- check, Stage-Design. Mit Ergebnissen, die Auge und Ohr überzeugen. Neben seinen Tätigkeiten für verschiedene Künstler und seinen Solo-Projekten ist er auch unter Vertrag bei Universal Music Publishing Germany. Dazu ist er öfter in Berlin, um neue Aufträge zu besprechen. In „Grand Theft Auto V“, einem der meistverkauften Videospiele, ist er mit einem seiner Songs vertreten. 28 KVJS Aktuell 1/2024
Inklusion Multitalent Kemelion. Foto: © Cihan Ozaman Seine Eltern haben sich längst damit abgefunden, dass ihr erfolgreicher Musiker-Sohn kein braver Kauf- mann mit Bürojob mehr wird. Sie unterstützen ihn nach Kräften. Wenn er als Musiker oder Stage-Director auf Konzerten und Festivals unterwegs ist, fährt ihn meist sein Vater. Menschen, die nicht glauben können, dass der junge Mann mit seinem – behinderungsgerechten – Auto zurecht auf einem Behindertenparkplatz steht. Ihn deshalb anschnauzen. Menschen, die nicht richtig hinsehen. Dem Ansehen ein Urteil, aber keinen Gedanken folgen lassen. Aber Kemelion – er hat einen familiären Spitznamen 2017 zu seinem Künstlernamen gemacht – will mög- lichst unabhängig sein. Das KVJS-Integrationsamt hat ihm deshalb einen E-Piloten finanziert, der vor den Rollstuhl montiert wird und mit dessen elektrisch getriebener Kraft er auch auf unebenem Gelände selbstständig unterwegs ist: „Ich komme überall allein hin.“ Das genießt er. Unabhängig sein. Frei sein. Alles dringt in seine Musik ein, löst sich darin auf. Gedanken, Gefühle nehmen Gestalt an, berühren. Hier ist er wirklich frei. Eine Freiheit, die kein noch so raffiniertes Hilfsmittel geben kann. Kemelion. Ein umgekehrtes Chamäleon. Er kann sich nicht der Umwelt anpassen. Die Umwelt muss sich an ihn anpassen. Im Idealfall. Was dabei herauskommt? Zum Beispiel richtig gute Musik. Monika Kleusch Wohnen und arbeiten ohne Barrieren Seine Wohnung ist gleichzeitig sein Studio. Dort emp- fängt er auch die von ihm betreuten Künstlerinnen und Künstler. Alles ist an seine Bedürfnisse angepasst. Der Schreibtisch mit jeder Menge Technik und inte- griertem Keyboard ist höhenverstellbar, ebenso das Sofa, das nachts zum Bett wird. Mit Antriebsmotoren, so stark, dass er beides im Hochfahren als Aufstehhilfe nutzen kann. „Zu Hause ist alles barrierefrei“, sagt er. Aber sobald er aus dem Haus ist, kann es mit der Freiheit ziem- lich schnell vorbei sein. Bordsteinkanten, Stufen, Mehr über Kemelion auf Youtube Ein Filmportrait über Kemelion aus der Reihe soundsof finden Sie hier: Kemelion: www.youtube.com/ watch?v=Qv2wn-jVRzg Ein ausführliches Interview gibt´s hier: www.youtube.com/ watch?v=n6MYcqqIZU8 1/2024 KVJS Aktuell 29
Inklusion „Wir sind gesund, aber nicht reich“ Inklusionsfirma Avanti in Pforzheim feiert Jubiläum Es war 2001 das erste anerkannte Inklusionsunternehmen in Baden-Württemberg: Avanti Pforzheim der Lebenshilfe. Nun wird sie, als gGmbH, 20 Jahre alt – und ging dabei immer mit der Zeit. Über einen leisen Pionier. Mit Fingersptitzengefühl: Avanti montiert Dunstabzugshauben, Medizinische Behälter und mehr. Fotos: © Monika Kleusch Gestartet sind sie zunächst als Inklusionsabtei- lung der Lebenshilfe Pforzheim Enzkreis e. V. mit sechs neuen Arbeitsplätzen, fünf davon waren mit schwerbehinderten Menschen besetzt. Heute hat Avanti 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne Behinderungen. Das Leistungsangebot in den Geschäftsfeldern Montage und Verpackung wurde über die Jahre immer weiter ausgebaut und angepasst. Den Stand der Dinge fasst Oliver Keppler, Lebenshilfe-Vorstand und einer der beiden Geschäftsführer von Avanti, so zusammen: „Wir sind gesund, aber nicht reich.“ Avanti bietet seinen Beschäftigten Jobs mit Anspruch: Die Montage beispielsweise von Plati- nen, Halterungen für Dunstabzugshauben oder von medizinischen Behältern erfordert Können. Die Geschäftspartner der Inklusionsfirma sitzen 30 KVJS Aktuell 1/2024
Inklusion meist im Umkreis von Pforzheim. „Sie schätzen an uns hohe Qualität, eine starke Endkontrolle, kurze Wege und faire Preise“, fasst Keppler zusammen. Dazu kommen treue Mitarbeiter. Ein paar waren schon vor zwanzig Jahren dabei. Ruhe und Konzentration Die Montage von Avanti ist in einem Industrie- gebiet am Rande Pforzheims untergebracht. Eine lichtdurchflutete, großzügige Werkstatt. Kein Lärm. Keine Geruchsbelästigung. Konzentration. Sie ist direkt angegliedert an das 400 Quadratmeter große Lager. Denn Lagerfläche braucht das Unternehmen. „Das Material zur Ausführung der Kundenaufträge besorgen wir zu 85 Prozent selbst“, sagt Bianca Hutzel. Die zweite Geschäftsführerin holt dafür weltweit Angebote ein. Allein von den medizinischen Behältern für die Laboranalyse gibt es mehr als 30 verschiedene Varianten. Große und kleine, runde und eckige Plastikbehälter, Schläuche in verschiedenen Far- ben, Deckel mit unterschiedlichen Durchlässen, Pegelschalter, Füllstandsmesser, und und und. „Die Behälter werden im Labor nur einmal benutzt und dann weggeworfen“, erklärt Bianca Hutzel. Aber reinigen wäre noch teurer – und zu unsicher. Coronakrise – aber anders Die Coronakrise traf Avanti mit Wucht, aber völlig anders als andere Unternehmen. „Wir haben nicht einen Tag zugemacht. Und wir hatten durch unser Hygienekonzept nicht einen einzigen Krankheits- fall“, betont Bianca Hutzel. Die Labore arbeiteten nicht mehr zehn Stunden am Tag, sondern 24 Stunden. Entsprechend schnellte der Bedarf an Medizinprodukten in die Höhe. Innerhalb kurzer Zeit verzehnfachten sich bei Avanti die Aufträge. Über einen längeren Zeitraum wurde dann auch samstags gearbeitet. Außerdem gelang es dem Unternehmen, drei neue Stellen zu besetzen. Trotzdem wurde es eng. Aber nicht zu eng. Gerade so. Heute ist die Integrationsfirma wieder in ruhige- rem Fahrwasser unterwegs. „Im Moment haben wir eine Größe erreicht, die händelbar ist“, sagt Oliver Keppler. Denn bei Integrationsunter- nehmen ist nicht der Gewinn das wichtigste Geschäftsziel. Es ist die berufliche Integration derer, die es auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht haben. Hier können sie beweisen, was in ihnen steckt. So wird Avanti wohl auch in den nächsten zwanzig Jahren gesund, aber nicht reich sein. Aber wer sagt, dass sich Reichtum allein in Geld bemisst? Monika Kleusch Inklusionsfirmen: Unterstützung vom KVJS-Integrationsamt 92 Inklusionsfirmen in einer Vielzahl unterschied- licher Sparten gibt es in Baden-Württemberg. Sie bieten insgesamt rund 4.600 Arbeitsplätze. Mehr als 1.800 davon sind mit Menschen mit Behinde- rungen besetzt. Das KVJS-Integrationsamt unterstützt die Inklusi- onsunternehmen mit Beratung und Zuschüssen von fast 15 Millionen Euro im Jahr 2022. Hier finden Sie die Leistungen des KVJS-Integra- tionsamts für Inklusionsbetriebe: www.kvjs.de/behinderung-und-beruf/inklusions- betriebe Und hier stellen sich die baden-württembergi- schen Inklusionsunternehmen vor: www.iubw.de 1/2024 KVJS Aktuell 31
Jugend Bundesweite Herausforderung: die Verteilung unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA). (Symbolbild) Foto: © pressmaster – www.adobestock.com Steigende UMA-Zahlen: KVJS entlastet Jugendämter Verband hat das Verteilmanagement übernommen Anhaltende Fluchtbewegungen sorgen seit Monaten für eine hohe Zahl an Einreisen Unbegleiteter Minderjähriger Ausländer (UMA). Deren bundesweite Verteilung stellt insbesondere die Hauptzugangsjugendämter vor große Herausforderungen. Wertvolle Unterstützung kommt vom KVJS als Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum. Um nachhaltig für Entlastung zu sorgen, koordi- niert der KVJS das Verfahren der Terminabstim- mung und Beförderung der UMA. Zu diesem Zweck ist ein gemeinsamer Dienst für die baden- württembergischen Jugendämter eingerichtet worden, um die Verteilung der UMA zu organisie- ren. Die Geschäftsstelle und die Durchführung des Verteilmanagements sind beim KVJS angesiedelt. „Damit gelingt es uns, einen wichtigen Beitrag zur unmittelbaren Entlastung der Jugendämter zu leisten“, erklärt Kristin Schwarz, Verbandsdirektorin des KVJS. Umfasst ist auch die Beförderung der UMA durch externe Dienstleister. Dafür beauftragt sind bislang 14 Kreisverbände beziehungsweise Ortsvereine des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Die Finanzie- rung der Beförderung ist durch das Land Baden- Württemberg sichergestellt und erfolgt zwischen dem DRK, dem KVJS und dem Sozialministerium. Abstimmung und Koordination Der eingerichtete Prozess sieht vor, dass der KVJS mit seiner Landesverteilstelle UMA die Koordina- tion zwischen den aufnehmenden und abgeben- den Jugendämtern übernimmt und schließlich mit den DRK-Verbänden die Beförderung der UMA abstimmt. „Diese neue Struktur und der engagierte Einsatz aller Akteure tragen dazu bei, die bundes- weite Verteilung sowie Begleitung und Übergabe der Jugendlichen bestmöglich umzusetzen“, betont Gerald Häcker, Leiter des Landesjugendam- tes beim KVJS. Ulrike von Siegroth 32 KVJS Aktuell 1/2024
Jugend Jahrestagung der Kommunalen Jugendreferate Wie lässt sich die Resilienz junger Menschen stärken? Wie kann die Arbeit mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen unterstützt werden? Zu diesen und weiteren spannenden Fragen wurde eine Reihe von Workshops angeboten, die dem kollegialen Dialog dienten. Die Diskus- sionsrunden in Kleingruppen boten zudem die Möglichkeit, sich über persönliche Erfahrungen auszutauschen. Darüber hinaus standen verschiedene Fachvor- träge auf dem Programm. So referierte unter anderem der renommierte Sozialwissenschaftler Prof. Mag. Bernhard Heinzlmaier aus Wien. Titel seiner Ausführungen: „Eine Krisenjugend kämpft selbstbewusst um ihre Zukunft“. Ulrike von Siegroth O F N I Die kommende Jahrestagung der Kom- munalen Jugendreferate ist bereits geplant. Die Veranstaltung findet vom 20. bis 22. November 2024 im KVJS- Tagungszentrum Gültstein statt. Jugendkulturforscher Professor Bernhard Heinzlmaier sprach auf der Jahrestagung der Kommunalen Jugendreferate. Foto: © Mirjam Ruckh „Kinder- und Jugendarbeit KANN KRISE!“ – diese Maxime galt für die jüngste Jahrestagung der Kom- munalen Jugendreferate. Die dreitägige Veranstal- tung rückte die Herausforderungen und Chancen in den Mittelpunkt, denen die Fachkräfte in einer krisengeschüttelten Zeit gegenüberstehen. KVJS fördert Modellvorhaben in der Kinder- und Jugendhilfe Auch zukünftig unterstützt der KVJS „Modellvorha- ben zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugend- hilfe in Baden-Württemberg“. Konkret werden im Rahmen dieses Programms im Zeitraum von 2024 bis 2027 entsprechende neue Modellvorhaben gefördert, wofür 400.000 Euro zur Verfügung stehen. Im Zentrum dieser Vorhaben stehen innovative Handlungsansätze und das Erproben neuer Metho- den. Von den gewonnenen Erkenntnissen sollen alle Jugendhilfeträger profitieren können. Einige der Förderschwerpunkte für 2024 sind: „Inklusive Ansätze im Gemeinwesen / im Sozialraum“, „Armuts- und Risikolagen im jungen Erwachsenenalter“ so- wie „Fachkräfte- und Führungskräftesicherung“. 1/2024 Ulrike von Siegroth KVJS Aktuell 33
Jugend Schulsozialarbeit: Alle jungen Menschen sollen profitieren Jahrestagung – fachlicher Austausch und kollegialer Dialog Schulsozialarbeit kommt eine große gesellschaftliche Relevanz zu. Das verdeutlichte auch die Jahrestagung, die aufgrund der hohen Nachfrage gleich an zwei Terminen angeboten wurde. So hielten die Veranstaltungen einen spannenden Mix aus Vorträgen, Workshops und Foren zu aktuellen Themen bereit. Zahlreiche Teilnehmer konnten auf der Jahrestagung Schulsozialarbeit in der Evangelischen Akademie Bad Boll begrüßt werden. Fotos: © Mirjam Ruckh „Gerade in Zeiten komplexer Herausforderungen ist kollektiv geteiltes Wissen sehr wertvoll“, hob KVJS-Referatsleiterin Marion Steck bei ihrer Begrü- ßung hervor. Und damit war der Anspruch der Ver- anstaltung umrissen: aktuelle Herausforderungen der Schulsozialarbeit identifizieren und praxisre- levantes Fachwissen untereinander austauschen. Schließlich habe das Arbeitsfeld Schulsozialarbeit das Ziel, alle junge Menschen an den Schulen im Sinne der Kinder- und Jugendhilfe zu fördern. Wertvolle Impulse Die Bedeutung der Tagung als Impulsgeber für die Schulsozialarbeit unterstrich Heike Witzemann, Vorsitzende des Netzwerks Schulsozialarbeit. Witzemann ermutigte dazu, voneinander zu lernen und sich aktiv einzubringen. Angesichts der verkündeten Kürzungen im Sozialhaushalt auf Bundesebene sei es notwendig, die Bedeutung der Schulsozialarbeit flächendeckend bekannt zu machen. 34 KVJS Aktuell 1/2024
Jugend Jan Leipold vom Sozialministerium berichtete, dass der Prozess zur Überarbeitung der Förde- rungsgrundsätze unter Beteiligung des KVJS, des Netzwerks Schulsozialarbeit und der örtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe in diesem Jahr starten wird. Unter dem Titel „Future Skills – welche Kompe- tenzen und Ressourcen brauchen Schulsozialar- beiter und Schulsozialarbeiterinnen heute und in Zukunft?“ referierte Professorin Nicole Ermel (IU Internationale Hochschule). Der Einfluss technologischer Konzepte und die zunehmend bedeutsame Rolle der Digitalisierung standen im Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Praxisnahe Workshops Begleitend zum Vortragsprogramm erwartete die Teilnehmer ein großes Angebot verschiedener Workshops. Hier standen aktuelle Themen im Zentrum, darunter Schutzkonzepte oder Hand- lungsansätze für die Einzelfallhilfe mit psychisch auffälligen jungen Menschen. Starkes und sicheres Auftreten in der Schulsozialarbeit oder deren gute Organisation trotz knapper Ressourcen waren weitere Inhalte. Tipp: Eine ausführliche Tagungsdokumentation ist online abrufbar unter: www.kvjs.de/jugend/ arbeitshilfen-formulare-rundschreiben-tagungsun- terlagen Mirjam Ruckh / Ulrike von Siegroth Jahrestagung 2024 In diesem Jahr wird es ebenfalls zwei Termine für die Jahrestagung Schulsozialarbeit geben. Geplant ist die jeweils zweitägige Veranstaltung vom 11. bis 12. November 2024 sowie vom 25. bis 26. November 2024, in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Nähere Informationen erhal- ten Sie unter: www.kvjs.de Neben Vorträgen stand das kollegiale Miteinander im Fokus, wie hier beim Errichten eines Turmes aus Bausteinen – Symbol für die Vernetzung von Erfahrungen und Impulsen. Fotos: Mirjam Ruckh 1/2024 KVJS Aktuell 35
Jugend Frühe Hilfen: Interkulturelle Kompetenz schafft Vertrauen Jahrestagung thematisiert kultursensibles Arbeiten Frühe Hilfen stehen mit speziellen Unterstützungsangeboten für (werdende) Eltern und Kinder bis zu drei Jahren zur Verfügung. Dass die Arbeit mit Familien mit Migrations- und Fluchthintergrund dabei besonderes Know-how verlangt, zeigte die Jahrestagung im KVJS-Bildungszentrum Schloss Flehingen. offen und ressourcenorientiert“ wurde dabei im Rahmen von Vorträgen und Workshops intensiv beleuchtet. Im Mittelpunkt stand der Umgang mit Familien mit Migrations- und Fluchthintergrund. Aufgrund von spezifischen Herausforderungen wie Sprachbarrieren, Rassismus-Erfahrungen und unsicherem Aufenthaltsstatus verdiene deren gesellschaftliche und politische Situation beson- dere Beachtung: „Diese Familien zu unterstützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich in unserer Gesellschaft zu integrieren, ist essenziell, um letztlich ein selbstbestimmtes Leben führen zu können“, betonte Referatsleiterin Marion Steck zum Auftakt der zweitägigen Veranstaltung. Plattform für den Dialog Ergänzend zu Fachvorträgen zum Thema sah das Tagungsprogramm verschiedene Workshops vor, um die Teilnehmer miteinander ins Gespräch zu bringen. „Migrationsbedingte Aspekte in der Lotsentätigkeit“, „Kultursensibler Kinderschutz“ oder auch „Zugänge zu schwer erreichbaren Zielgruppen“ – die Inhalte der Workshops waren vielfältig und boten eine wertvolle Plattform für den Dialog. Fazit: Die Veranstaltung betonte die Notwen- digkeit eines kultursensiblen Blicks – für einen Perspektivenwechsel und empathischen Umgang mit migrantischen Familien im Sozialwesen. Schließlich kann so durch eine offene und wert- schätzende Haltung eine vertrauensvolle Bezie- hung entstehen. Mirjam Ruckh / Ulrike von Siegroth Gemeinsam den Blick auf kultursensibles Arbeiten richten – das Motto der jüngsten Jahrestagung Frühe Hilfen. Foto: © Mirjam Ruckh Die Veranstaltung für die Netzwerkkoordinie- renden bot neben einer Fülle an Fachwissen vor allem die Möglichkeit zum landesweiten kolle- gialen Austausch. Das Thema „Kultursensibles Arbeiten in den Frühen Hilfen – selbstkritisch, Für Ihren Kalender Die kommende Jahrestagung aller Netz- werkkoordinierenden Frühe Hilfen findet vom 6. bis 7. November 2024 im KVJS-Tagungszent- rum Gültstein statt. www.kvjs.de/fortbildung 36 KVJS Aktuell 1/2024
Forschung Neue Projektideen stoßen auf große Resonanz Jahresauftakt für den Forschungsbeirat beim KVJS Trotz Schnee und Eis sind im Januar die Mitglieder des Forschungsbeirats zur ihrer ersten Sitzung des Jahres nach Stuttgart gekommen. Die Mühe hat sich gelohnt. Neue Forschungs- vorhaben wurden angeschoben. Verbandsdirektorin Kristin Schwarz freute sich, die Mitglieder des Forschungsbeirats trotz widriger Witterung beim KVJS begrüßen zu können. Das Präsenzformat habe sich nach den Corona-Jahren bewährt. Zum ersten Mal nahmen auch die Neu- Mitglieder Androniki Petsos, Kreisverwaltungsdi- rektorin im Landkreis Heilbronn, und Dr. Joachim Bläse, Landrat des Ostalbkreises, teil. Kinderschutz im Zentrum „Die neu vorgestellten Projekte aus den Dezerna- ten des KVJS nahmen die Mitglieder ausnahmslos positiv auf“, betonte Dr. Justus Heck, zuständig für die KVJS-Forschungsvorhaben. Der Kinder- schutz war ein zentrales Thema, das in gleich zwei Forschungsskizzen eine Rolle spielte. „Fest geplant ist die Vergabe eines Projekts auf diesem Gebiet, denn der KVJS möchte die Jugendämter diesbe- züglich bestmöglich unterstützen“, so Heck. Bevor die Vergabe startet, fließen die Rückmeldungen aus dem Beirat in die Projektskizzen ein. Ein wichtiger Bestandteil der Sitzung waren die Berichte und Diskussionen zu laufenden oder vor Kurzem abgeschlossenen Projekten. „Das liegt daran, dass 2023 drei Projekte ausliefen oder kurz vor dem Abschluss stehen“, erklärte Heck. „Hier liegen reichhaltige Befunde und ausgeklügelte Handlungsempfehlungen vor, etwa im Projekt Frühe Hilfen und Psychiatrie Hand in Hand oder Kurzeitpflege in Baden-Württemberg.“ Ausführliche Informationen zu den KVJS-For- schungsprojekten finden Sie hier: www.kvjs.de/forschung/kvjs-forschung Monika Kleusch Fachtag zu den Ergebnissen des Forschungs- projekts „Arbeit inklusiv“ Ein Gewinn für alle: Teilhabe wirkt – unter diesem Titel werden auf einer großen Tagung im April 2024 die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Evaluation der Fördergrundsätze Arbeit inklusiv“ präsentiert. Seit 2005 fördert das Integrationsamt des KVJS mit „Arbeit inklusiv“ Arbeitsverhältnisse für Menschen mit wesentlicher Behinderung. Rund 6.000 inklu- sive Jobs sind seither entstanden. Im Forschungsprojekt zeigte sich unter anderem, dass rund 80 Prozent der befragten Betriebe bereit sind, weiter Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen. Hier gibt es mehr Informationen: www.kvjs.de/forschung/kvjs-forschung/projekte/ wirkungen-der-foerdergrundsaetze-arbeit-inklusiv Der KVJS forscht zu aktuellen Fragestellungen. Titel: © グローバルネットワーク - stock.adobe.com 1/2024 KVJS Aktuell 37
Forschung Forschungsvorhaben zu psychiatrischen Tagesstätten Fokus auf Aufgaben und Perspektiven des niederschwelligen Angebots Was zeichnet ein hochwertiges Angebot von Tagesstätten für Menschen mit chronischer psychischer Erkrankung aus? Das untersucht ein neues Forschungsvorhaben des KVJS. Als Forschungspartner konnten das Universitätsklinikum Ulm und die Universität Greifswald gewonnen werden. 105 Tagesstätten für Menschen mit psychischer Erkrankung gibt es in Baden-Württemberg. Finan- ziert werden sie von den 44 Stadt- und Landkrei- sen. Eine Landesförderung gibt es nicht für dieses Angebot. „Die Angebote und Perspektiven von Tagesstätten sollen systematisch und praxisnah zum Forschungsgegenstand gemacht werden“, erklärt Dr. Justus Heck, beim KVJS für den Bereich Forschung verantwortlich. „Damit greift die KVJS- Forschung ein erkennbares Forschungsdesiderat aktiv auf.“ ment der kommunalen Sozialplanung zur Verfü- gung gestellt. Die letzte Tagesstätten-Erhebung fand im Jahr 2022 statt. Das neue KVJS-Forschungsvorhaben „Angebote und Perspektiven von Tagesstätten für Menschen mit psychischer Erkrankung in Baden-Württem- berg (APerTa-BW)“ verfolgt drei Ziele: 1. Untersuchung und Erfassung typischer Bedarfs- lagen von Tagesstätten-Besuchenden und Beschreibung der Tagesstätten-Angebote anhand charakteristischer Merkmale Schon bisher legt das KVJS-Referat Teilhabe und Soziales regelmäßig mit der „Dokumentation Gemeindepsychiatrischer Verbund“ einige belast- bare Daten über die quantitative Inanspruch- nahme und die sozio-demografischen Merkmale der Besucher und Besucherinnen von Tagesstätten vor. Diese zweijährlich erscheinende Dokumenta- tion wird den Stadt- und Landkreisen als Instru- 2. Identifizierung von Qualitäts-Bausteinen für eine inhaltlich-konzeptionelle Weiterentwick- lung der Tagesstätten in den Stadt- und Land- kreisen 3. Erarbeitung von Good Practice-Kriterien für die Umsetzungspraxis auf Basis dieser Bausteine, für einen Qualitätsdialog zum Tagesstätten- Angebot der Kreise Aktuelle Infos zum Forschungsvorhaben … … hält das Internet bereit: www.kvjs.de/forschung/kvjs-forschung/projekte/ angebote-und-perspektiven-von-tagesstaetten Die Dokumentation Gemeindepsychiatrischer Verbund Baden-Württemberg 2021/2022 finden Sie hier: www.kvjs.de/fileadmin/publikationen/soziales/ GPV_Bericht_2021_BF.pdf Neuer Forschungspartner Als Forschungspartner konnte erneut das Universi- tätsklinikum Ulm, Klinik für Psychiatrie und Psycho- therapie I, gewonnen werden. Mit dem Universi- tätsklinikum hat der KVJS bereits die erfolgreiche Studie zur Wirksamkeit verschiedener Formen des unterstützten Wohnens für Menschen mit seelischer Behinderung durchgeführt (WieWohnen-BW). „Mit dem Institut für Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vor- pommern e. V., An-Institut der Universität Greifs- wald, konnten wir zudem einen neuen Forschungs- partner gewinnen“, so Justus Heck. Monika Kleusch 38 KVJS Aktuell 1/2024
Forschung Kurzzeitpflege: Praxis-Transfer bringt neue Impulse Weitere Termine der digitalen Veranstaltungsreihe in Planung Der Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen beschäftigt die Kommunen Baden-Württembergs intensiv. Groß ist bei den Praktikern auch der Bedarf nach Austausch zu diesem Thema. Der KVJS bietet ihnen im Rahmen seiner digitalen Veranstaltungsreihe eine geeignete Plattform zur Vernetzung. „Unser Forschungsprojekt zur Kurzzeitpflege hat viele wertvolle Erkenntnisse und Impulse gebracht. Wir wollen diese mit unserem Online- Angebot in die Praxis tragen und über Möglich- keiten zur Umsetzung sprechen“, erklärt Bettina Ghiorghita vom KVJS. Das Format setzt auf die aktive Beteiligung der Teilnehmer, die eigene Impulse, Fragen und Erfahrungen einbringen kön- nen. Die Plattform wird von Sozialamtsleitern und Planern, Altenhilfefachberatern sowie weiteren Verantwortlichen aus den Kreisen genutzt. Zwei Termine fanden bereits statt. Dr. Elisabeth Hahnel vom Forschungspartner IGES Institut Berlin führte beim Auftakttreffen im Dezember 2023 zunächst in die zentralen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der Studie ein. In der Runde vertreten war darüber hinaus Wolfang Weis vom Sozialministerium. Er schilderte, wie das Land die Kurzzeitpflege stärkt und künftig weiterentwickeln möchte. Es folgte eine rege Diskussion unter den Teilnehmern, die sich insbesondere um die Aspekte der knappen (finanziellen) Ressourcen, gegebenen Rahmen- bedingungen und des erheblichen Arbeitskräfte- mangels drehten. Modellhaft auf den Weg gemacht Der zweite Online-Austausch im Januar 2024 machte das Case Management zum Thema. Dazu lud der KVJS Vertreter zweier Modellprojekte ein, in denen die Empfehlungen aus dem Forschungs- projekt bereits erfolgreich umgesetzt werden. Die Mehr als 40 Akteure aus den Kreisen trafen sich zum Auftakt im digitalen Meetingraum. Foto: © vegefox.com - stock.adobe.com Referenten gewährten Einblicke in das Projekt „Sek- torenübergreifende Kurzzeitpflege mit integriertem Care- und Case Management“ der Vinzenz von Paul gGmbH sowie in das Projekt „Übergangsbegleitung und Kurzzeitpflege“ in Kooperation zwischen dem Kreisseniorenrat Böblingen und dem Klinikverbund Südwest. Im Plenum wurde zudem auf Stolper- steine und Erfolgsfaktoren sowie die Übertragbar- keit auf andere Regionen eingegangen. Julia Holzwarth O F N I Die nächste Veranstaltung ist am 5. März 2024. Der KVJS informiert die Kreise per Rundschreiben, sobald weitere Termine zur Verfügung stehen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Alle Unterlagen und Präsentationen sind im Mitglieder- bereich des KVJS abrufbar: www.kvjs.de/KVJS-JW4T 1/2024 KVJS Aktuell 39
Fortbildung KVJS-Fortbildung digital: Smart weitergedacht Online-Wissenstransfer von maßgeschneidertem Service und hoher Qualität Als Fortbildungsträger behauptet sich der KVJS erfolgreich im Wettbewerb. Auch wegen seines breiten Online-Angebots. Möglich macht dies die zunehmende Digitalisierung im Verband. Ein Gespräch mit Clarissa Frank, Leiterin des Referats Organisation, IT und Fortbildung und Dr. Justus Heck, zuständig für die KVJS-Fortbildung in der Stabsstelle. Was bedeutet das im Detail? Justus Heck: Uns geht es beispielsweise um die gelingsichere Standardisierung der Online-Veranstaltungen. Egal, ob es sich um eine Fortbildung mit einem bewusst kleinen Teilnehmerkreis oder eher um ein Großevent handelt: Unser Anspruch ist es, alles professio- nell umzusetzen, um den Bedarf nach kompak- ter und zuverlässiger Wissensvermittlung zu erfüllen. Clarissa Frank: Auch im Hintergrund liegt unser Augenmerk auf einer störungsfreien Technik und einer reibungslosen Durchfüh- rung. Das heißt, die Abwicklung und interne Verwaltung unserer Fortbildung laufen gänzlich papierlos. Teilnehmer merken das unter anderem in Form von Online-Teilnahme- zertifikaten oder -Evaluationsbögen sowie der digitalen Rechnungsstellung. Bei ihnen ist die KVJS-Fortbildung in besten Händen: Referats- leiterin Clarissa Frank und Dr. Justus Heck, zuständig für die KVJS-Fortbildung in der Stabsstelle. Foto: © Ulrike von Siegroth Die KVJS-Fortbildung intensiviert ihren Online- Wissenstransfer. Was gab den Ausschlag dafür? Kommen bei der Fokussierung auf moderne Clarissa Frank: Die Digitalisierung im KVJS schreitet immer weiter voran. Im Zuge unseres Projekts „Smart KVJS“ haben wir viel erreicht, sei es die Einführung der e-Akte, die Stär- kung der virtuellen Zusammenarbeit oder die Digitalisierung des Posteingangs. Da war es für uns nur logisch, den smarten Gedanken auf die KVJS-Fortbildung zu übertragen. Justus Heck: Genau, zumal wir in der Vergan- genheit feststellen konnten, dass der Bedarf an Online-Veranstaltungen weiterhin zunimmt. Darauf haben wir bereits reagiert und wollen unsere Kompetenz auf diesem Gebiet auch zukünftig ausbauen. Online-Formate klassische Präsenz-Veranstaltun- gen nicht zu kurz? Justus Heck: Keineswegs. Wir wissen um die Wichtigkeit des persönlichen Austausches der Teilnehmer untereinander und haben nach wie vor ein beträchtliches Angebot an Präsenz- Seminaren. Uns ist an einer guten und zielge- richteten Mischung von Online- und Präsenz- Veranstaltungen gelegen. Gleichwohl möchten wir mit unserem Online-Lernen die Möglich- keit bieten, sich ortsunabhängig fortzubilden. Außerdem ist es uns über den digitalen Weg leichter möglich, kurzfristig auf drängende Bedarfe und nachgefragte Themen zu reagie- 40 KVJS Aktuell 1/2024
Fortbildung ren und dazu entsprechende Veranstaltungen zu realisieren. Was macht den digitalisierten Wissenstransfer darüber hinaus zum Erfolgsfaktor? Clarissa Frank: Für uns sind hybrides und asynchrones Lernen die Zukunft. Das werden wir weiter in den Fokus nehmen. So verstehen wir es als unsere Service-Leistung, schon vorab Begleitmaterialien für eine gebuchte Fort- bildung online zur Verfügung zu stellen. Das können zum Beispiel Lernvideos oder aufge- zeichnete Vorträge sein. Justus Heck: Darüber hinaus bieten wir im E-Learning für ausgewählte Veranstaltungen eine Online-Lernplattform, etwa in Gestalt von „landing pages“. All dies ermöglicht eine indivi- duelle Vorbereitung und Vernetzung, was den Lernerfolg der Teilnehmer unterstützt. Ein Ausblick auf das laufende Jahr 2024: Was steht konkret an? KVJS-Fortbildung, die voraussichtlich dieses Jahr an den Start gehen soll. User dürfen sich dann nicht nur auf ein neues Design freuen, sondern auch auf eine optimierte Funktionalität. Justus Heck: Apropos Service: Auch unser kostenloser Fortbildungs-Newsletter ist wieder fester Bestandteil unserer Kommunikation. Vier Mal im Jahr informieren wir zielgruppengerecht zu spannenden Fortbildungsterminen. Wer mag, kann sich für unseren Newsletter direkt über die Internetseite des KVJS anmelden und verpasst so keines unserer Highlights mehr. Das Interview führte Ulrike von Siegroth Newsletter für Sie! Sie möchten über ausgewählte Fortbildungs- termine mehr erfahren? Dann klicken Sie sich rein unter: www.kvjs.de/fortbildung/newsletter- fortbildung Clarissa Frank: Wir wollen unsere Service- Orientierung weiter verstärken. Dazu zählt beispielsweise eine neue Internetseite für die Hier können Sie sich schnell und unkompliziert für den kostenfreien Newsletter der KVJS-Fort- bildung anmelden. Gültstein: Silberjubiläum für Robert Berres Wer schon einmal als Gast an einer Veranstaltung im KVJS-Tagungszentrum Gültstein teilgenom- men hat, kennt ihn wahrscheinlich: Robert Berres. Seit nunmehr 25 Jahren ist er dessen Leiter. Der gelernte Hotelkaufmann und Hotelbetriebswirt hat in dieser Zeit aus dem damaligen Erholungs- heim eine viel gefragte barrierefreie Tagungsstätte gemacht. Wir gratulieren zum Jubiläum! Monika Kleusch „Dank und Anerkennung“: Verbandsdirektorin Kristin Schwarz überreicht Robert Berres die Jubiläumsurkunde. Foto: © Dieter Steck 1/2024 KVJS Aktuell 41
Neu erschienen Neu erschienen Alle Publikationen des KVJS sind kostenlos. Sie stehen auch im Internet unter www.kvjs.de/der-kvjs/service/publikationen-und-videos/ zum Download zur Verfügung. Früher Bescheid wissen! Sie wollen wissen, was sich im KVJS tut und möchten nicht auf das gedruckte KVJS-Aktuell warten? Dann abonnieren Sie kostenlos die Online-Ausgabe! Sie erscheint bereits zwei Wochen vor der Druck- ausgabe im Internet. Bestellung bei Lisa-Marie.Weirich@kvjs.de Jugend Jugendberufshilfe 2023: Übersicht zu Programmen, Angeboten, Hilfen, Dezember 2023. Der Arbeitskreis Jugendberufshilfe erstellt regelmäßig einen Überblick über die Programme, Hilfen und Angebote in der Jugendberufshilfe. Die Broschüre bringt Transparenz in die Vielfalt und trägt sowohl bei der individuellen Hilfe als auch bei der Projektgestaltung zu passgenauen Lösungen vor Ort bei. Online abrufbar Soziales Leistungen der Eingliederungshilfe 2022: Planungs- und Steuerungs- unterstützung für die Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs, Januar 2024. Der Bericht ist der dritte, der sich konsequent an der neuen Leistungssyste- matik des SGB IX orientiert. Dies ermöglicht wieder belastbare Vergleiche mit dem Vorjahr und erleichtert die Einordnung von Entwicklungen. Bestellung: Manuela Weissenberger Telefon 0711 6375-307 Maria Cumplido Telefon 0711 6375-769 Sekretariat21@kvjs.de 42 KVJS Aktuell 1/2024
Neu erschienen Symbolbild Broschüren. Foto: © fotofabrika - stock.adobe.com Soziale Handlungsfelder im demografischen Wandel, Januar 2024. Diese Arbeitshilfe gibt einen Überblick über die Auswirkungen des demogra- fischen Wandels. Es werden Perspektiven verschiedener sozialer Handlungs- felder (u. a. Kinder- und Jugend-, Alten-, Eingliederungshilfe) einbezogen. Bestellung: Silvia Kiraly Telefon 0711 6375-237 Silvia.Kiraly@kvjs.de Inklusion ZB Ratgeber: Behinderung und Ausweis. Hrsg.: BIH Bundesarbeits- gemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen e. V., Oktober 2023. Der Ratgeber beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Thema Behinderung und Ausweis. Er erklärt praxisnah die Voraussetzungen für die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Bestellung: integrationsamt@kvjs.de Geschäftsbericht des KVJS-Integrationsamtes 2022/23, Januar 2024. Zahlen, Daten und Fakten zur Arbeit des Integrationsamtes. Bestellung: integrationsamt@kvjs.de Digitalmagazin ZB: Relevante Infos zu Behinderung und Beruf neu verpackt! Anschauliche Filme, aktuelle Rechtsprechung, schnelles Teilen von Inhalten: Das bietet das neue Digitalmagazin ZB Behinderung & Beruf. In der zusätzlichen Regionalausgabe Baden-Württemberg erfahren Sie Neues aus „the Länd“! Schwerbehindertenvertretungen, Interessenvertretungen und Inklusionsbeauftrage können sich mit dem Digitalmagazin auf dem Laufenden halten. Und das vier Mal im Jahr. Es hat die bekannte ZB in Papierform abgelöst. Einblick in das neue Kon- zept bietet ein kleines Video auf der Internetseite der BIH: www.bih.de/bih/ Oder gleich das Magazin kostenlos abonnieren unter www.bih.de/integrationsaemter/zb-magazin/digitales-abo/ 1/2024 KVJS Aktuell 43