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Zwischen Haushaltsstabilität und Fachkräftemangel

KVJS-Verbandsversammlung 2021 zieht Bilanz und zeigt Perspektiven

Der Fachkräftemangel nimmt in allen sozialen Bereichen dramatische Ausmaße an, die Kosten steigen. Neue Ideen sind gefragt. Landräte und Oberbürgermeister der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs sprachen darüber mit Sozialminister Manfred Lucha. 

„Die Coronakrise hält uns seit zwei Jahren in Atem“, eröffnete Landrat Gerhard Bauer, Vorsitzender des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS), die digitale Verbandsversammlung. „Dennoch dürfen wir zwei drängende Probleme nicht aus den Augen verlieren: den Fachkräftemangel und die Kosten in der Pflege.“

Deshalb hat die Verbandsversammlung Manfred Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, eingeladen, über das Thema „Sozialstaat 2030 – wie sieht das Konzept der Zukunft aus?“ zu sprechen. Die Zukunft der Pflege ist ein drängendes Problem. Eine KVJS-Studie ergab, dass es 2030 in Vergleich zu heute 92 000 Pflegebedürftige mehr geben wird – bei zunehmendem Fachkräftemangel. Bauer plädierte nachdrücklich für vielfältigere Angebote: „Zum Beispiel durch ambulante Angebote und eine größere Vielfalt außerhalb der klassischen stationären Kurzzeitpflege.“

„Wir stehen mitten in einem Paradigmenwechsel, in dem es wichtig ist, eine Vertrauenskultur aufzubauen“, betonte Minister Lucha. „Das Land hat viel Geld in die Hand genommen. Dass alternative Wohnmodelle künftig mitfinanziert werden sollen, spricht vor allem für Quartierskonzepte: Hier ist das Land mutig vorangegangen.“ Auch er baue auf ambulante Modelle. Und doch bleibt die Finanzierung ein Problem. Landrat Dr. Achim Brötel sagte, man dürfe Lasten nicht auf folgende Generationen schieben. Jedes Jahr steige die Eigenbeteiligung, die irgendwann keiner mehr zahlen könne und letztendlich den Sozialhaushalt belaste. 

41 000 neue Kita-Fachkräfte nötig

Der Fachkräftemangel trifft auch die Kindertagesstätten. Die Erfüllung des Rechtsanspruchs und bauliche Standards sind für die Kommunen enorme Herausforderungen. Hinzu kommt, dass bis 2030 zusätzlich bis zu 41 000 Fachkräfte gebraucht werden, wie eine Vorausberechnung des KVJS zeigt. Die Landräte machten deutlich, dass „die Kommunen die vollmundigen Versprechungen der Politik nicht mehr erfüllen können und heute schon Angst haben, die Standards überhaupt noch halten zu können“. Eine Anpassung der Standards sei ein wichtiger Schritt. 

Immerhin wurde die Forderung der LAGÖFW und des Landesjugendhilfeausschusses nach einer Konzertierten Aktion zur Fachkräftesicherung Bestandteil des Koalitionsvertrags der Landesregierung. „Ich möchte die Gelegenheit nutzen und die Landesregierung auffordern, dieses drängende Thema zur Chefsache zu machen und zügig voranzubringen“, so der Verbandsvorsitzende Bauer.