Online-Informations- und Austauschveranstaltung zur SGB VIII-Reform und den möglichen Auswirkungen auf die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugend-
arbeit sowie Jugendsozialarbeit
Welche Auswirkungen hat die SGB VIII-Reform auf die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit?
Am 26. April 2022 fand zum neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetzt (KJSG) eine Online-Informations- und Austauschveranstaltung statt. Das KVJS-Landesjugendamt organisierte die Veranstaltung und unterstütze bei der thematischen Bearbeitung und inhaltlichen Begleitung. Mit Inkrafttreten des Gesetzes stehen Veränderungen und Entwicklungen für die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe an.
Anhand verschiedener Impulsvorträge und Austausch-Foren wurden die Neuerungen der Reform sowie deren mögliche Bedeutung für die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit dargestellt.
Die Online-Veranstaltung des KVJS-Landesjugendamtes war nach der ersten Bewerbung in kurzer Zeit ausgebucht. 120 Fachkräfte und Vertreter aus Fachverbänden der Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit diskutierten über die gesetzlichen Neuerungen.
Die Idee und Federführung zur Veranstaltung hatte das Team Riva Moll, Laura Dreikluft, Maria Safroshkina und Claudio De Bartolo (Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit des KVJS-Landesjugendamtes). Sie unterstützen bei der thematischen Bearbeitung, inhaltlichen Begleitung und moderierten die Fachveranstaltung.
Gerald Häcker, Dezernatsleiter des KVJS-Landesjugendamtes, eröffnete die Veranstaltung und wies auf die große Bedeutung der SGB VIII-Reform und deren Umsetzung für das KVJS-Landesjugendamt hin. Gerne informiert das Landesjugendamt über die Neuerungen der Arbeitsfelder in der Kinder- und Jugendhilfe und begleitet und unterstützt bei deren Umsetzung. Das Gesetz beziehungsweise die Reform steht für Verbesserungen der Angebote der Kinder- und Jugendhilfe in Bezug auf junge Menschen und deren Familien sowie Personensorgeberechtigte, die sich positiv auf deren Lebensbedingungen auswirken sollen.
Auf Grund der bundesrechtlichen Änderungen im SGB VIII entsteht auch Anpassungsbedarf im Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg (LKJHG). Die Federführung für den Novellierungsprozess liegt beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. Zur Vorbereitung eines Gesetzesentwurfs soll seitens des Ministeriums eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, in der die wesentlichen Änderungsbedarfe definiert und gegebenenfalls gemeinsame Empfehlungen formuliert sowie eine fachliche Begleitung des Gesetzgebungsverfahrens gewährleistet werden. Das KVJS-Landesjugendamt wird diese Umsetzungsaktivitäten intensiv begleiten und unterstützen.
Die gesetzlichen Änderungen und Neuerungen im Überblick:
Herr Christoph Grünenwald, Leiter des Grundsatzreferats des KVJS-Landesjugendamts, gab in seinem Vortrag einen detaillierten Überblick über die Änderungen und Neuerungen. Im Rahmen der SGB VIII-Reform wurden folgende Themenschwerpunkte bearbeitet:
- Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen (die sogenannte „Inklusive-Lösung“ / inklusive Kinder- und Jugendhilfe)
- Besserer Kinder- und Jugendschutz
- Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen
- Mehr Prävention vor Ort
- Mehr Beteiligung junger Menschen, Eltern und Familien
Die SGB VIII-Reform aus wissenschaftlicher Sicht:
Frau Prof. Dr. Gunda Voigts, Professorin für Grundlagen der Wissenschaft und Theorien Sozialer Arbeit, HAW Hamburg, gab – aufbauend auf den Vortrag von Herrn Grünenwald – wissenschaftliche Impulse für die Fachpraxis. Sie referierte über Sachstands- und Entwicklungspotentiale für die Arbeitsfelder, die die SGB VIII-Reform mit sich bringt.
Die Schwerpunkte ihres Vortrages waren die Auswirkungen der Inklusionsperspektive des reformierten SGB VIII auf die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit.
Zu den strukturellen Voraussetzungen für den Weg zu inklusiven Gestaltungsprinzipien der Arbeitsfelder gab Frau Prof. Dr. Voigts folgende zentrale Punkte an:
- Inklusive Haltung von Mitarbeitenden, Teams, Trägern und Organisationen (Inklusionschecks, Zeit zur regelmäßigen Thematisierung)
- Planungssicherheit in der Finanzierung von Angeboten, Personal und Strukturen (inkl. Kontinuität für Beziehungsarbeit, Zeit für Fortbildung)
- Geschultes Personal (Qualifizierung haupt-, nebenberuflich und ehrenamtlich Engagierten zum Thema Haltung, Systemen, spezifischen Anforderungen bei Behinderungen)
- Orte des Austausches zur Weitergabe und Verstetigung neuer Erfahrungen und vorhandenen Wissens (Vernetzungen)
- Eine barrierearme, besser barrierefreie Umgebung (Einrichtungen, Ausschreibungen, Nutzungsorte)
- Angebote von Assistenzleistungen als Regelangebot in der Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit
- Gewinnung von Eltern bzw. Erziehungsberechtigten als Partner*innen
- Gezielte Öffentlichkeitsarbeit bspw. über Elternvereine oder Förderschulen
- Aufhebung der getrennten Beschulung von jungen Menschen, bis dahin Zusammenarbeit mit verschiedenen Schulformen
- Politische und gesetzliche Rahmungen, Zusammenführung der verschiedenen Rechtssystematiken („Inklusive Lösung“)
- Strukturelle wie konkrete Kooperationen von Trägern der Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit und der Behindertenhilfe
Im Anschluss wurden die Leitthemen der Reform in 5 Austausch-Foren, mit dem Blick auf die Fachpraxis, vertieft und gemeinsam diskutiert. Die Themenbereiche umfassten:
- Forum 1: „Inklusion“
geführt von Matthias Nagel, Projektfachstelle Inklusion, Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung Baden-Württemberg e.V. - Forum 2: „Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien“
geführt von Thorsten Gabor, Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung, Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Baden-Württemberg und Renke Jahn, Landesombudsstelle Baden-Württemberg, Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg - Forum 3: „Besserer Kinder- und Jugendschutz“
geführt von Prof. Dr. Rainer Patjens, Duale Hochschule Baden-Württemberg, Julia Wahnschaffe, Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Baden-Württemberg e.V. und Heike Reuter, Kinderschutzbund Konstanz gGmbH - Forum 4: „Mehr Prävention vor Ort“
geführt von Dr. Mike Seckinger, Deutsches Jugendinstitut e.V. - Forum 5: „Planung für die Kommunalen Jugendreferate“
geführt von Volker Reif, OE 40 Jugendhilfeplanung und -berichterstattung, KVJS-Landesjugendamt
Was war hilfreich und wichtig? Was konnten die Teilnehmenden mitnehmen?
Die Teilnehmenden der Veranstaltung äußerten sich durchweg positiv über die gelungene Veranstaltung. Hervorzuheben war das erreichte Ziel, ein besseres Verständnis der gesetzlichen Veränderungen und einen Gesamtüberblick zur SGB VIII-Reform zu erhalten. Es wurden neue Perspektiven eröffnet, gute Impulse mitgenommen, zum Nachdenken und insgesamt zu einer hohen Motivation in der Umsetzung angeregt.