Deutlich mehr Pflegebedürftige im Jahr 2035

Rund 623.000 Menschen in Baden-Württemberg dürften bis 2035 Pflege benötigen – eine kräftige Zunahme von 15 Prozent. Ebenfalls deutlich steigt die Nachfrage nach den Versorgungsangeboten. Dies zeigt eine aktuelle Vorausrechnung des KVJS.

Ausgehend vom Jahr 2021 hat der KVJS Orientierungswerte für die zukünftige pflegerische Versorgung in Baden-Württemberg berechnet. Diese liefern einen Überblick, wie viele Menschen zu Hause durch Angehörige, durch ambulante Dienste oder in Pflegeheimen versorgt werden. 

Demzufolge werden im Jahr 2035 schätzungsweise

  • rund 220.000 Menschen auf professionelle Unterstützung durch ambulante Pflege angewiesen sein oder im Heim leben. Verglichen mit dem Jahr 2021 sind dies 34.000 Menschen mehr – ein Anstieg um 18 Prozent.
  • 331.000 Menschen durch Angehörige in der eigenen Häuslichkeit gepflegt und nehmen Pflegegeld in Anspruch. Verglichen mit dem Jahr 2021 sind dies 40.000 Menschen mehr – ein Anstieg um fast 14 Prozent.
     

Mit Bedarfswerten planen

„Die Stadt- und Landkreise haben die schwierige Aufgabe, für die wachsende Zahl an pflegebedürftigen Menschen bedarfsgerechte Strukturen und Angebote zur schaffen“, sagt KVJS-Verbandsdirektorin Kristin Schwarz. „Vor allem angesichts der Personalnot ist das eine große Herausforderung“. Um alle 44 Kreise in Baden-Württemberg bei der Versorgungsplanung zu unterstützen, stellt der KVJS ihnen in seinem Bericht individuelle Orientierungswerte zur Verfügung.
 

Erst der Anfang

Baden-Württemberg steht dabei erst am Anfang der demografischen Entwicklung: Die geburtenstarken Jahrgänge – und damit auch viele Arbeitskräfte in der Pflege – verlassen nach und nach das aktive Erwerbsleben. Gleichzeitig werden sie in den Folgejahren ab 2035 selbst in die Altersgruppe der über 80-Jährigen hineinwachsen. Da das Pflegerisiko mit zunehmendem Alter steigt, dürfte sich somit auch ab 2035 die Zahl der Pflegebedürftigen weiter stark erhöhen.

„Um die Pflege nachhaltig und zukunftsgerecht abzusichern, braucht es dringend kreative Strategien und Konzepte – und zwar unter Beteiligung aller Akteure: dem Bund, der Länder, Kommunen und Verbände. Besonders in den Fokus gehört die Stärkung des ambulanten, häuslichen Bereichs“, unterstreicht Schwarz. „Dafür braucht es ausreichend barrierefreien Wohnraum, eine aktive Quartiersentwicklung, wohnortnahe, flexible Pflege- und Betreuungsangebote sowie Entlastungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige“. Nicht zuletzt spielt Eigenverantwortung eine tragende Rolle: „Quartiere basieren auf dem Prinzip der Gemeinschaft und nachbarschaftlichen Fürsorge. Es ist wichtig, die Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Pflege ein Thema ist, das uns alle betrifft“, so der Appell der Verbandsdirektorin.